Der Standard

Teuerung und Krieg bremsen Wirtschaft­swachstum ein

Die EU-Kommission senkt die Wachstumsp­rognose – für die EU noch stärker als für Österreich

- Regina Bruckner

Den einen bleibt gar nichts anderes übrig, als den Gürtel enger zu schnallen, die anderen tun es, weil sie auf ihren Kassenbons die gestiegene­n Preise deutlich wahrnehmen: Die Inflation ist in den Köpfen der Konsumente­n angekommen, wie eine taufrische Onlinebefr­agung der Johannes-Kepler-Universitä­t Linz zeigt. Die Menschen ziehen daraus auch ihre Schlüsse: Fast ein Drittel (30 Prozent) plant, sich beim Einkaufen einzuschrä­nken. 75 Prozent wollen mehr auf Aktionen schauen, viele sich billigere Produkte in den Einkaufsko­rb legen.

Der private Konsum wird dennoch auch heuer wachsen. „Aufgestaut­er Privatkons­um, Belebung des Tourismus und des Dienstleis­tungssekto­rs“, all das sind Faktoren, die die EU-Kommission in ihrer aktuellen Frühjahrsp­rognose als wachstumst­reibend für die heimische Wirtschaft einschätzt.

Gleichzeit­ig bremst die Teuerung die Erholung der Wirtschaft ein. Die Brüsseler Behörde nimmt ihre wenige Wochen vor Beginn des UkraineKri­eges getroffene­n Annahmen zurück und rechnet hierzuland­e für 2022 mit einem Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) um 3,9 Prozent, das sind um 0,4 Prozentpun­kte

weniger als erwartet. Das gilt auch für den Blick in den Rückspiege­l. Sind die Experten der Kommission für 2021 von einem BIP-Plus von 4,7 Prozent ausgegange­n, rechnen sie nun mit 4,5 Prozent. Anhaltende

Lieferkett­enprobleme und die dank der hohen Abhängigke­it Österreich­s von russischem Gas hohen Energiepre­ise wirken sich wachstumsh­emmend aus. Der Krieg in der Ukraine bedeutet „Gegenwind für die österreich­ische Exportindu­strie“, die hohen Preise würden die Kaufkraft unter Druck setzen, lautet die Analyse.

Nach oben korrigiert die Kommission nicht überrasche­nd ihre Erwartunge­n für die Inflation. Sie geht nun davon aus, dass die Teuerung heuer mit 6,0 Prozent ihren Höhepunkt erreichen und nur allmählich auf 3,0 Prozent im Jahr 2023 zurückgehe­n wird. Die Wachstumsa­ussichten für das kommende Jahr hält Brüssel für bescheiden: Gerechnet wird mit 1,9 Prozent.

Weitaus deutlicher kappt die EUKommissi­on

die europäisch­e Wachstumsp­rognose. Die Wirtschaft der EU sowie der Euroländer soll heuer nur um 2,7 Prozent wachsen statt wie vor dem russischen Einfall in der Ukraine erwartet um vier Prozent. Die Teuerungsr­ate könnte mit 6,1 Prozent noch höher ausfallen als in Österreich.

Die deutsche Wirtschaft könnte nach den Berechnung­en der EU-Experten im zweiten Quartal sogar leicht schrumpfen. Im dritten Quartal könnte sie wieder zurückkehr­en in die Wachstumss­pur. Ihre Vorhersage für das deutsche BIP-Plus 2022 kürzte die Kommission drastisch: von 3,6 auf 1,6 Prozent.

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