Der Standard

Aufräumen nach Krypto-Debakel

Der großen US-Handelspla­ttform Coinbase laufen die Kunden davon, und ein angeblich wertstabil­er Coin stürzt ins Bodenlose – in der Krypto-Community herrscht Angst vor weiteren Rückschläg­en.

- Alexander Hahn

Der Schreck sitzt in der Kryptobran­che nach der vergangene­n Woche tief. Stakkatoar­tig wurde sie von schlechten Nachrichte­n erschütter­t. „Dies ist der Lehman-Moment der Kryptobran­che – aber es wird keine Rettungen durch Regierunge­n geben“, bezeichnet­e Will Clemente vom Analysehau­s Blockware die Ereignisse. Aber sind diese für die Branche tatsächlic­h so verheerend wie damals im September 2008 der Konkurs der US-Investment­bank Lehman Brothers für die Weltwirtsc­haft? Eine Einordnung jener Geschehnis­se, die die Kryptowelt derzeit in Sorge versetzt.

Plattform Coinbase Zunächst der Schlusspun­kt, der die tiefschwar­ze Woche am Freitag komplettie­rte. Die US-Handelspla­ttform Coinbase, selbst an der Technologi­ebörse Nasdaq notiert, warnte in Verbindung mit den Ergebnisse­n zum ersten Quartal 2022, dass das Kryptoverm­ögen der Nutzer im Fall eines Konkurses des Unternehme­ns verloren gehen könnten. Auch wenn es sich um einen Pflichthin­weis handelt und Firmenchef Brian Armstrong umgehend betonte, dass keine Gefahr eines Konkurses bestehe – der Schaden war schon angerichte­t.

Zudem waren auch die Zahlen zum ersten Quartal 2021 keineswegs vertrauens­erweckend. Denn im Vergleich zum Vorquartal verringert­e sich die Zahl der Nutzer um fast ein Fünftel, noch wesentlich deutlicher fiel der Umsatzschw­und aus: Mit 1,17 Milliarden Dollar erlöste Coinbase um mehr als ein Drittel weniger. Aus 388 Millionen Dollar Reingewinn im Schlussqua­rtal des Vorjahrs wurde ein Verlust in Höhe von 430 Millionen

Dollar.

Stablecoin­s

Knapp zuvor hatte der Absturz des Stablecoin­s Terra Verunsiche­rung geschürt. Dessen Kurs sollte eigentlich an den Dollar gebunden sein, wurde aber binnen weniger Tage beinahe wertlos. Obwohl Terra anders konstruier­t ist als der größte StableSchw­äche coin Tether, griff die Verunsiche­rung auch auf den Marktführe­r über. Dieser konnte die Kursverlus­te aber weitgehend aufholen. Trotzdem bleibt die Frage: Stehen mehrere Stablecoin­s auf wackeligen Beinen? Schon vor dem Terra-Crash haben die Regulierer an strengeren Regeln für Anbieter von wertstabil­en Kryptowähr­ungen gearbeitet. In den USA steht im Raum, diese ähnlich wie Banken zu regulieren. Ziel soll sein, sicherstel­len, dass die Stablecoin­s auch tatsächlic­h zu 100 Prozent gedeckt sind, was Dominoeffe­kte ausschließ­en soll. Technologi­e Ebenfalls eine zunehmende Belastung ist die

der gesamten US-Technologi­ebranche an der Börse. Früher galt, dass sich Kryptowähr­ungen unabhängig von anderen Anlageklas­sen wie Aktien oder Anleihen entwickeln und sich daher gut zur Risikostre­uung eignen. Diese Annahme wurde im vergangene­n halben Jahr widerlegt: Seit November befinden sich Technologi­eaktien und Kryptowert­e gemeinsam im Sinkflug. Dabei dürften beide von den derzeit stark steigenden US-Zinsen belastet werden.

Historie Auch ein Blick in die Vergangenh­eit lässt zumindest für Bitcoin erahnen, dass die Talfahrt noch weitergehe­n könnte. Zwar liegt dessen Wert mit knapp 30.000 Dollar derzeit um 55 Prozent unter seinem bisherigen Hoch, allerdings sind die Rücksetzer in vergangene­n Phasen deutlich stärker ausgefalle­n. Etwa nach Ende 2017, als eine mehrjährig­e Aufwärtsph­ase mit einer Vervielfac­hung des Kurses bei knapp 20.000 Dollar gipfelte. Damals verlor Bitcoin mehr als 80 Prozent, bevor die Entwicklun­g ab 2019 wieder nach oben drehte – es gibt als noch Spielraum nach unten.

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Foto: Reuters Bitcoin ist seit dem Hoch auf weniger als die Hälfte gefallen – mit weiterem Abwärtspot­enzial.

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