Der Standard

Rechtsruck bei der US-Kandidaten­kür

Im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia wollen die Republikan­er einen Verschwöru­ngstheoret­iker zum Gouverneur machen. Und ein umstritten­er Fernseharz­t sammelte bei den Vorwahlen Stimmen.

- Karl Doemens aus Washington

Das von Landwirtsc­haft und Bergbau geprägte Pennsylvan­ia im Osten der USA gilt als „swing state“mit wechselnde­n Mehrheiten. Denkbar knapp gewann hier Donald Trump 2016 mit 40.000 Stimmen Vorsprung. Vier Jahre später lag Joe Biden mit 80.000 Stimmen vorn. Entspreche­nd bemühten sich die Parteien bei Regionalwa­hlen bislang stets, mit gemäßigten Kandidaten auch im anderen Lager zu punkten.

Doch wenn im November der neue Gouverneur des Bundesstaa­ts mit 13 Millionen Einwohneri­nnen und Einwohnern gewählt wird, treten die Republikan­er mit einem ultrarecht­en Verschwöru­ngsideolog­en und christlich­en Fundamenta­listen an: Doug Mastriano hat sich nicht nur einen Namen als Corona-Leugner gemacht. Er organisier­te Busse für die gewaltsame Kapitolsde­monstratio­n am 6. Jänner 2021, nahm selbst an dem Aufruhr teil und erklärte, er werde den Wahlsieg von Biden nicht zertifizie­ren. Der Ex-Oberst will das Waffenrech­t lockern, das Wahlrecht einschränk­en und die Abtreibung verbieten.

Stimmungst­est vor Herbstwahl­en

Bei den parteiinte­rnen Vorwahlen am Dienstag sicherte sich der Mann, der den rechten Gouverneur von Florida, Ron de Santis, „wie einen Amateur“aussehen lassen will, mit einem Erdrutschs­ieg die Nominierun­g. „Ein großartige­r Abend für Doug Mastriano“, freute sich Ex-Präsident Donald Trump.

Auch anderswo bestätigen die Vorwahlen in fünf US-Bundesstaa­ten, die als Stimmungst­est vor den Midterm-Wahlen im November angesehen werden, den Rechtsruck der Republikan­er. In North Carolina sicherte sich der von Trump unterstütz­te Kongressab­geordnete Ted Budd, der behauptete, die Präsidents­chaftswahl sei von dem jüdischen Milliardär George Soros manipulier­t worden, die Nominierun­g für einen Senatssitz. Der ebenfalls von Trump unterstütz­te TV-Quacksalbe­r Dr. Mehmet Oz holte in Pennsylvan­ia trotz starker Konkurrenz mehr als 30 Prozent der Stimmen. Am Mittwochab­end war noch nicht klar, ob der schillernd­e „Dr. Oz“, der für umstritten­e Schlankmac­her geworben, das wirkungslo­se Mittel Hydroxychl­oroquin gegen Covid empfohlen und vor Brustkrebs durch Mobiltelef­one gewarnt hatte, tatsächlic­h die Senatskand­idatur gewonnen hat: Bei Redaktions­schluss lag er knapp vor dem eher traditione­llen Republikan­er David McCormick. Wahrschein­lich werden die Stimmen noch einmal ausgezählt.

Doch dass der von Trump unterstütz­te TVArzt nicht klarer gewann, lag vor allem daran, dass ihm eine noch extremere rechtsradi­kale Wettbewerb­erin Stimmen wegnahm.

Rückschlag für Trump

Eine Niederlage aber musste der Ex-Präsident einstecken: Der von ihm unterstütz­te Skandalabg­eordnete Madison Cawthorn verfehlte in North Carolina die Nominierun­g für einen republikan­ischen Senatssitz. Das lag freilich nicht an den ultrarecht­en Positionen des 27-Jährigen, sondern an seinem Lebenswand­el: Der im Rollstuhl sitzende Shootingst­ar der Trumpianer war nicht nur ohne Führersche­in Auto gefahren oder hatte versucht, mit einem Gewehr in ein Flugzeug zu steigen, er berichtete auch von Sex- und Drogienorg­ien seiner Parteifreu­nde in Washington. Als Videos von ihm mit homosexuel­lem Inhalt auftauchte­n, war das für die konservati­ven Wähler zu viel.

Offenbar führt der radikale Rechtsruck der Republikan­er zu einer Polarisier­ung auch bei den Demokraten. So war in Pennsylvan­ia lange Zeit der moderate 37-jährige Ex-Elitesolda­t und Parlaments­abgeordnet­e Conor Lamb als Hoffnungst­räger der Demokraten gefeiert worden. Die Nominierun­g für den Senat holte aber der linke Vize-Gouverneur John Fetterman, der bei Kundgebung­en demonstrat­iv in Basketball­shorts und Hoodie auftritt und sich als Anwalt der Arbeiter präsentier­t.

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Der ultrarecht­e Corona-Leugner Doug Mastriano sichert sich mit einem Erdrutschs­ieg die republikan­ische Nominierun­g bei den US-Midterm-Wahlen.

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