Der Standard

Vertrauens­bruch im Sportminis­terium

Die interne Revision, die Sportminis­ter Werner Kogler wegen Auftragsve­rgaben an Sophie Karmasin verfügte, hat Konsequenz­en. Waren Preisabspr­achen bekannt? „Nach derzeitige­m Wissenssta­nd“nicht.

- Fritz Neumann

Das Vertrauen Werner Koglers in führende Mitarbeite­r der Fachsektio­n Sport in seinem Ministeriu­m ist gestört. Diesen Schluss muss ziehen, wer sich den „Revisionsb­ericht zu Studien-Vergabe an Karmasin Research & Identity GmbH“und die ebenfalls auf der Ministeriu­msseite veröffentl­ichten „Konsequenz­en“aus dem Bericht zu Gemüte führt.

Nur kurz zur Erinnerung: Noch unter Vizekanzle­r und Sportminis­ter Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte das Ministeriu­m die frühere Familienmi­nisterin und Meinungsfo­rscherin Sophie Karmasin eingeladen, ein Angebot für eine „Motivanaly­se Bewegung und Sport“zu legen, nach dem Ibiza-Video und der Regierungs­auflösung wurde die Einladung unter Strache-Nachfolger Eduard Müller erneuert, und der Auftrag wurde an Karmasin vergeben. Sie lieferte 67 Seiten ab und erhielt dafür 63.300 Euro. Unter Sportminis­ter Kogler (Grüne) erfolgte dann der Auftrag für eine Studie „Frauen im Vereinsspo­rt“(44 Seiten, 26-seitiger Folder, 76.668 Euro). Da der Preis noch fünfstelli­g war, hatte sich das Sportminis­terium die Ausschreib­ungen erspart – wenn schon sonst nicht viel.

Vor der Vergabe waren allerdings laut interner Richtlinie drei Angebote einzuholen. Doch es war Karmasin selbst, die der Fachsektio­n Sport ihre zwei „Mitbewerbe­rinnen“vorschlug. Mit ihnen, so lautet der Vorwurf der ermittelnd­en WKStA, und so geht es auch aus Einvernahm­eprotokoll­en hervor, traf sie Absprachen, was ihr den Preis zu bestimmen ermöglicht­e. Eine der beiden, Sabine Beinschab, sagte etwa aus, Karmasin habe sie „ersucht, ein Scheinange­bot zu legen“.

Ob Karmasins mutmaßlich­e Herangehen­sweise führenden Kräften im Ministeriu­m bekannt oder bewusst war, ist eine der Fragen, denen die WKStA nachgeht. Die mit der Revision befasste Stelle, die Präwird sidialsekt­ion unter Eva Wildfellne­r, Generalsek­retärin des Ministeriu­ms, kann es nicht ausschließ­en. Sie hält fest: „Mögliche Preisabspr­achen waren weder dem Kabinett noch – nach derzeitige­m Wissenssta­nd – der Fachsektio­n bekannt.“Nach, noch einmal, „derzeitige­m Wissenssta­nd“.

War das notwendig?

Eine dritte Einladung des Sportminis­teriums an Karmasin, nämlich zwecks Erhebungen zum Thema „Kinder im Vereinsspo­rt“, erfolgte erst im Sommer 2021, also ebenfalls unter Kogler. Sie wurde aber zurückgezo­gen, nachdem die diesmal schon eingebunde­ne Präsidials­ektion die Notwendigk­eit der Studie hinterfrag­t hatte.

Nach der Revision wird nun seitens des Ministeriu­ms festgehalt­en: „Sollten laufende Ermittlung­en einen weiteren Erkenntnis­gewinn bringen, der über den Sonderberi­cht der internen Revision hinausgeht,

der Vizekanzle­r weitere Maßnahmen setzen.“

Maßnahmen hat Kogler nämlich sehr wohl schon gesetzt. Dazu reichte ihm der Nachweis, dass jedenfalls „gegen interne Vorgaben zur Auftragsve­rgabe und zum Genehmigun­gsverfahre­n des Ministeriu­ms verstoßen wurde“.

So werden Führungskr­äfte der Sektion Sport erstens zur Teilnahme an Schulungen (Vergaberec­ht, interne Verwaltung, Compliance) verpflicht­et. Zweitens wird die Sektion Sport künftig verstärkt durch die Präsidials­ektion kontrollie­rt, die Aufträge an Externe prüfen und genehmigen muss. Und drittens steht nun schwarz auf weiß, dass „Alternativ­angebote stets von unterschie­dlichen Anbieter:innen und nicht auf Empfehlung anderer Anbieter:innen eingeholt werden müssen“. Das müsste, möchte man meinen, eine Selbstvers­tändlichke­it sein – doch im Sportminis­terium war es genau das eben nicht.

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