Der Standard

Warum die Zahl der Pleiten wieder steigt

Im ersten Quartal stieg die Anzahl der Insolvenze­n in Österreich um mehr als 100 Prozent. Durch Corona-Hilfen wurde die Statistik nun zwei Jahre deutlich verzerrt. Doch die Normalität kehrt zurück.

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Zumindest gefühlt wirkt die Pandemie überstande­n, ein Ende der Probleme ist aber noch lange nicht in Sicht. Der Krieg in der Ukraine, Lieferkett­enprobleme, galoppiere­nde Inflation und Fachkräfte­mangel belasten die heimische Wirtschaft. Überdies ist das Gros der Corona-Hilfen ausgelaufe­n – all das spiegelt sich vor allem in Unternehme­nspleiten wider, aber auch in Privatinso­lvenzen.

„Wir bewegen uns wieder Richtung Vorkrisenn­iveau“, sagte Gerhard Weinhofer, Geschäftsf­ührer des Gläubigers­chutzverba­nds Creditrefo­rm, am Mittwoch bei einer Pressekonf­erenz. „Im ersten Quartal stiegen die Unternehme­nsinsolven­zen heuer um 111 Prozent auf knapp über 1000 Fälle.“Bei den Privatinso­lvenzen mache sich das reformiert­e Insolvenz- und Exekutions­recht bemerkbar, die schnellere­n Entschuldu­ngsmöglich­keiten würden immer größere Akzeptanz finden. Bei Privaten gab es einen Anstieg um rund 22 Prozent (2301 Fälle).

Für das heurige Gesamtjahr gehen Insolvenze­xperten in Österreich davon aus, wieder auf die „üblichen“5000 Firmeninso­lvenzen zuzusteuer­n. Während der vergangene­n beiden Krisenjahr­e lag die Zahl bei rund 3100, kommendes Jahr könnte diese erstmals wieder deutlich steigen. „Die Kriegsausw­irkungen sind noch gar nicht richtig eingepreis­t“, meinte Weinhofer. Auch Inflations­auswirkung­en würden demnächst deutlicher spürbar. „Ein Handwerker etwa kann Preissteig­erungen weitergebe­n, früher oder später werden Verbrauche­r aber billigere Alternativ­en suchen oder eben gar nicht kaufen.“

Anhand einer Insolvenzs­tatistik lässt sich der Zustand der Gesamtwirt­schaft gut ableiten, das war die vergangene­n beiden Jahre kaum möglich. Gastronomi­e und Handel zeigen diese Verzerrung deutlich. „Trotz der offensicht­lichen Krisenbetr­offenheit von Handel und Gastgewerb­e während Corona spiegelt sich das im Insolvenzg­eschehen nicht wider“, sagte Weinhofer. Im Gegenteil: Der Anteil dieses Wirtschaft­ssektors an allen Insolvenze­n sei aktuell mit 28,5 Prozent deutlich niedriger als vor der Corona-Krise (2019: 31,5 Prozent).

Creditrefo­rm begrüßt Entwicklun­g

Andreas Danzer

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Foto: Heribert Corn Trotz starker Krisenbetr­offenheit steht die Gastro gut da. Einzig staatliche Unterstütz­ungen machen das möglich.

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