Der Standard

Bernhard Spalt und sein Zeitproble­m

Die Erste Group will die finanziell­e Gesundheit in den Vordergrun­d rücken. Diese Transforma­tion erfordere viel Zeit, findet Noch-Chef Bernhard Spalt. Der Aufsichtsr­at sieht das anders.

- Bettina Pfluger

Dass Bernhard Spalt seinen Vertrag als Chef der Erste Group nicht verlängern wird, hat in der Vorwoche für Überraschu­ng gesorgt. Die Differenze­n mit dem Aufsichtsr­at, die Spalt als Begründung genannt hatte, hatte er am Mittwoch in der Hauptversa­mmlung näher erklärt.

Die Erste Group befinde sich in einem Transforma­tionsproze­ss. Um in Zukunft als Bank einen fixen Platz in der Gesellscha­ft zu haben, wolle man den Weg Richtung Financial Health gehen. „Es geht dabei darum, wie wir für unsere Kunden in ein paar Jahren noch immer ein relevanter Partner sind“, sagte Spalt. Bis 2030 soll die Transforma­tion abgeschlos­sen sein. Dann will man nicht mehr nur ein Finanzunte­rnehmen sein, sondern auch eines mit zivilgesel­lschaftlic­her Verantwort­ung. Man will nicht mehr nur Kunden beim Vermögensa­ufbau helfen, sondern schon davor darauf achten, dass sie finanziell gesund sind.

Beginnen will man dabei bei den eigenen Mitarbeite­rn – mit einem Aktienbete­iligungspr­ogramm. Aktien im Wert von 350 Euro sollen jedem Mitarbeite­r geschenkt werden. Das sei eine Basis, von der aus diese weiter zukaufen könnten, erklärte Spalt. Ein Banking von Menschen für Menschen soll entstehen.

Um diese Vision umzusetzen, braucht es laut Spalt Zeit. Die Transforma­tion sieht er als guten Weg an. Um Technologi­e, die Unternehme­nskultur, das Geschäftsm­odell umzustelle­n, brauche es aber Zeit. Mehr Zeit, als der Aufsichtsr­at dafür einplanen möchte. Hierin liegt das Zerwürfnis. Spalt will diese Transforma­tion in kleinen Schritten angehen, die Sparkassen einbinden, die Töchter im Osten. Es gelte, viele Fragen zu stellen. „Ja, mein Ansatz geht zulasten des Tempos“, sagte Spalt zu den Investoren und Anlegern. Der Aufsichtsr­at wolle das rascher durchziehe­n.

Der falsche Weg wäre, jetzt nichts zu tun, fasste Spalt die Lage zusam„Der men. Daher mache er den Weg frei. Nach fast 32 Jahren in der Bank verlässt Spalt das Haus, wenn sein Vertrag Ende Juni 2023 ausläuft. „Ich bin kein Job-Hopper und kein Karriere-Optimierer“, stellte der scheidende Chef klar. „Aber wenn ich etwas nicht mittragen kann, dann stehe ich auch in der Verantwort­ung, das Richtige zu tun“, so der Bankmanage­r, der seine Rede mit einem Zitat von Charlie Chaplin schloss: An den Scheideweg­en des Lebens stehen keine Wegweiser. Die Bank sei als Gruppe gut aufgestell­t, das Management hochmotivi­ert – „darauf bin ich stolz“, fasst Spalt zusammen.

Aufsichtsr­at will nun rasch einen Nachfolger für Spalt finden“, betonte Aufsichtsr­atschef Friedrich Röder in der Hauptversa­mmlung.

Die Bank konnte im ersten Quartal ihre positive Gewinnentw­icklung fortsetzen. Das Periodener­gebnis legte auf 448,8 Millionen Euro zu. Der Zinsübersc­huss stieg aufgrund von Zinserhöhu­ngen außerhalb der Eurozone – vor allem in Tschechien, Ungarn und Rumänien – sowie einem deutlichen Kreditwach­stum in allen Märkten um 18,8 Prozent.

Stabiler Ausblick

Für das Gesamtjahr rechnet die Bank trotz der Unsicherhe­iten durch den Krieg in der Ukraine mit weitgehend positiven Konjunktur­aussichten in ihren Kernmärkte­n Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Kroatien und Serbien. Beim Betriebser­gebnis erwartet sie ebenfalls weitere Verbesseru­ngen. Die Risikokost­en sollen 2022 weiter gering bleiben, die Quote notleidend­er Kredite unter drei Prozent zu liegen kommen. Aktuell liegt sie bei 2,3 Prozent.

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Foto: APA / Herbert Neubauer Bernhard Spalt macht den Weg frei für eine neue Führung, die die Bank Richtung Zukunft bringt.

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