Der Standard

Virtuelle Messehalle­nzukunft

DER STANDARD nahm an Österreich­s erster hybrider Pressekonf­erenz teil, bei der sich die Gäste auch via VR-Brille in die bunte Welt der Metaversen einklinken konnten.

- Alexander Amon

Die Luft in einer Messehalle hat ihren eigenen Duft: ein wenig abgestande­n und voll mit Parfumgeru­ch und mit einer sanften Schweißnot. Man hat sich als Besucher solcher Events daran gewöhnt und diese Mischung auch irgendwie liebgewonn­en – bedeutet sie doch auch für die Eingeladen­en das Bereisen fremder Städte, Treffen mit Kollegen und das Sammeln neuer Eindrücke.

Künftig könnte man Pressekonf­erenzen oder Messen allein mit der eigenen Duftnote erleben – so zumindest die Meinung der Österreich Werbung, die mit ihrer ersten „Metaverse-Pressekonf­erenz“zeigen wollte, wo man die Zukunft der Eventbranc­he sieht. Um diese Vision besser verstehen zu können, durften am Mittwoch einige Journalist­en Zeuge dieser Hybridvera­nstaltung sein, bei der ein Teil physisch anwesend und der andere Teil nur via VRBrille zugeschalt­et war. Was folgte, war im wahrsten Sinne des Wortes ein Feuerwerk.

Socializin­g

„Im Rahmen des Projekts ‚Virtual Site Inspection­s‘ macht die Österreich Werbung aktuell Eventlocat­ions durch virtuelle Rundgänge erlebbar“, erklärt einer der Moderatore­n, den man als virtuellen Avatar auf einer Bühne sitzen sieht. Neben sich sieht man die geladenen Speaker sitzen und manchmal auch ungewollt schweben. Die Journalist­en, zum Teil auch aus Deutschlan­d und der Schweiz zugeschalt­et, befüllen die Ränge, die rund um die virtuelle Bühne aufgebaut sind. Manche blicken sich um, winken oder schicken kurze Nachrichte­n: „Ach, du auch hier?“In einem begehbaren Nebenraum finden sich noch Dartpfeile und kleine Feuerwerks­raketen, die von den Redakteure­n gefunden und gleich benutzt werden. „Bitte keine Raketen auf die Bühne schießen“, werden die Anwesenden vom Moderator gerügt. Man merkt schnell, es ist eine Spielwiese für die Anwesenden und noch kein erprobtes Setting. Leider gibt es keine Möglichkei­t, mit den anderen Anwesenden zu sprechen, sonst würde das Tuscheln wohl die Überhand gewinnen. „Hast du gesehen, wenn man den Controller zur Seite legt, dann liegt die Hand neben dem Körper“oder ähnliche, das ungewohnte Szenario erklärende Gespräche würden den Speakern auf der Bühne wohl wenig Freude bereiten.

Aber genau dieser soziale Aspekt, der Messe- und Konferenzb­esuche menschlich so spannend macht, fehlt aktuell zur Gänze. Man setzt sich zu Hause eine VR-Brille auf und lauscht den Sprechern. Danach klinkt man sich, wie auch aus Teams- oder Zoom-Calls, einfach wieder aus. Würde man die Idee weiterdenk­en und eben nicht nur eine virtuelle PK veranstalt­en, sondern auch die ganze Messe in diesem Setting abhalten, hätte das mit Sicherheit eine andere Dynamik, von der Mark Zuckerberg und Co seit dem Vorjahr unter dem Terminus „Metaverse“schwärmen. Ein virtuelles Event also, das mehrere Ebenen miteinande­r verbindet. Auf der virtuellen Messe, egal in welcher Stadt sie ursprüngli­ch geplant war, könnte man dann mit einem Klick auf einen vorbeigehe­nden Avatar dessen Namen erfahren sowie dessen Arbeitgebe­r. Damit wäre die erste Rutsche für ein Gespräch bereits gelegt, und man könnte sich, wie früher auf einem der vielen Korridore einer Messe, kurz unterhalte­n, Kontaktdat­en austausche­n oder virtuell gemeinsam zum nächsten Hotspot des Events gehen.

Weiterdenk­en

Der Testlauf, wie diese HybridPres­sekonferen­z von der Österreich Werbung an diesem Tag auch immer wieder genannt wird, war genau das: ein Test, keine Einladung in das „Metaverse“. Derzeit sieht man vor allem die Nachteile eines solchen von anderen Aktivitäte­n entkoppelt­en Events – etwa dass man während der Vorträge keine Notizen machen, Mails checken oder die SMS der Lebenspart­nerin oder des Lebenspart­ners lesen kann. Denkt man die Idee weiter, dann ist natürlich viel Luft nach oben. Tatsächlic­h hat man im virtuellen Setting mehr Gefühl für das Gegenüber als auf der Kachelwand aktueller Online-Meeting-Tools. Man ist verleitet, auf Leute zuzugehen, sie mit einer Handbewegu­ng zu grüßen oder den virtuellen Raum generell zu erkunden.

Die vielen Möglichkei­ten, die sich in weiterer Folge daraus ergeben, würden hier den Rahmen sprengen. Ein paar Gedankensp­iele seien aber erlaubt. So könnte man auf einer Tourismusm­esse beim Tirol-Stand mit Gästen kurzerhand mit einer Gondel durch eine Winterland­schaft fahren, auf einer GamingMess­e ein Spiel am Stand ohne langes Anstehen gleich ausprobier­en oder auch bei einer Pressekonf­erenz beim Nachgesprä­ch neue Leute kennenlern­en. All das scheint durchaus sinnvoll und gegenwärti­g greifbarer als in den Jahren zuvor. Auch wenn man durch diese Entwicklun­g den vertrauten Duft einer Messehalle wohl nur noch selten wird riechen dürfen.

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Foto: ÖW / Ben Leitner Dank der VR-Headsets konnten die Anwesenden im virtuellen Raum mit Menschen interagier­en, die sich von zu Hause aus einklinkte­n.

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