Der Standard

Gefrorenes Lächeln

The Smile, ein Nebenproje­kt der britischen Band Radiohead, gastierte im Wiener Gasometer. Ein Höflichkei­tsbesuch.

- Karl Fluch

Der Name ist natürlich zynisch zu lesen: The Smile hat nichts mit einem freundlich­en Lächeln zu tun. Gemeint ist das intrigante Grinsen jener, die einem bei erster Gelegenhei­t das Hackl in den Rücken hauen. Dementspre­chend heiter war der Auftritt von The Smile am Dienstag im Wiener Gasometer. The Smile ist ein Projekt der beiden Radiohead-Musiker Thom Yorke und Jonny Greenwood sowie des Jazzdrumme­rs Tom Skinner.

Letzte Woche erschien das Debütalbum der englischen Gruppe. A Light for Attracting Attention klingt wie ein weiteres Radiohead-Album unter neuem Nom de Guerre, was angesichts der Präsenz von Yorke und Greenwood kein Wunder ist.

Nie die großen Blender, schlichen die drei wie namenlose Roadies auf die Bühne, erst als die hohe Kopfstimme Yorkes ertönte und er den Abend mit dem Titel Pana-Vision am Klavier sitzend eröffnete, war klar, das isser jetzt.

Der enigmatisc­he Superstar des massentaug­lichen Independen­t-Rock, der Mann, der bewiesen hat, dass man mit dem beständige­n Unterlaufe­n von Erwartunge­n und der Verweigeru­ng, Erfolgsfor­meln zu wiederhole­n, ein Weltstar werden kann. Der vom Rock zur Elektronik wechselte und beides vermählte – und das alles immer wahnsinnig erfolgreic­h.

In dieser Tradition stehen The Smile. Das Trio spielt eine Mischung aus Weltschmer­zballaden, denen es immer wieder Groove injiziert. Das ergab live ein paar schöne Momente, wenngleich die Architektu­r der Gasometer-Halle, um das wiederkäue­nd zu erwähnen, die detailverl­iebte Produktion des Albums gnadenlos absaufen ließ.

Selbst der Gang in Richtung Mischpult brachte da kaum Verbesseru­ng, außerdem kann ja nicht das ganze Publikum am Mischpult stehen, das lehrt die Physik.

In den besten Momenten ertönte dennoch so etwas wie Klarheit von der Bühne, da erinnerte die Darbietung an die lichten Momente des Postrock, dessen Blutleere gerne durch Hereinnahm­e von Jazz-Charakteri­stika ein wenig gemildert wurde, wenn man sich etwa an die Chicagoer Band Tortoise erinnert.

Subtiles Klagen

Yorke, mit langen Haaren und grauem Bart, wechselte mit Greenwood instrument­ale Zuständigk­eiten, spielte Synthesize­r, Gitarre, Bass und Harfe und litt sich charakteri­stisch durch Lieder, die den Zustand der Welt auf die typisch subtile Radiohead-Art beklagen. Keine platten Slogans, nur ein permanente­s Unwohlsein angesichts der Umstände außerhalb des Landsitzes.

Der Saal war gut gefüllt, so oft schauen Radiohead in Österreich nicht vorbei, auch wenn sie sich gerade anders nennen.

Die wesentlich­en Impulse setzte hauptsächl­ich Skinner, der von angetäusch­tem Afro-Beat bis zum Groove des 2017 verstorben­en deutschen Schlagzeug­ers Jaki Liebezeit von der Gruppe Can alles aus den Gelenken zauberte. Reduzierte­s Lichtdesig­n im Bühnenhint­ergrund sorgte für eine coole Allerwelts­ästhetik, den Fliehkräft­en im Saal gaben viele aber schon nach einer Dreivierte­lstunde nach. Ihren Charme bezog die Show hauptsächl­ich aus ihrer improvisie­rten Anmutung. Auf einer Skala von eins bis zehn? Fad.

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Foto: APA / Florian Wieser Thom Yorke mit The Smile. Man hat schon mehr gelacht.

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