Der Standard

Am Homeoffice scheiden sich die Geister

Ein „New Normal“im Job gibt es weiterhin nicht

- Anika Dang

Die Pandemie hat die Prioritäte­n in vielen Bereichen verschoben – vor allem in der Jobwelt. Die Wahl des Arbeitsort­s ist vielen Beschäftig­ten sogar so wichtig geworden, dass für jede und jeden Zweiten ein Job ohne Homeoffice nicht mehr infrage kommt. Das hat eine Online-Befragung des Jobportals Karriere.at unter 1000 Beschäftig­ten ergeben.

Gleichzeit­ig ist das vielgeprie­sene hybride Arbeiten keineswegs Normalität geworden. Die Homeoffice­Quote schwankt stark im Verlauf der Pandemie – und war nie wieder so hoch wie zu Beginn. Über 30 Prozent aller Beschäftig­ten in Österreich arbeiteten laut Statistik Austria im zweiten Quartal 2020 zu Hause. Heuer schrumpfte der Anteil im gleichen Zeitraum um die Hälfte und lag bei nur noch 15 Prozent. Und noch immer wird umso häufiger von zu Hause aus gearbeitet, je höher das Bildungsni­veau und je höher die berufliche Qualifikat­ion ist.

Als „heterogen“beschreibt Armand Kaáli-Nagy, Geschäftsf­ührer des Seminaranb­ieters ÖPWZ, die Arbeitslan­dschaft gegenüber dem STANDARD: „Der Jubel über das Homeoffice hat sich in Personalab­teilungen rasch gelegt.“Es habe sich herausgest­ellt, dass einerseits nicht alle Arbeitsplä­tze Homeoffice-tauglich waren und dass anderersei­ts Vorgesetzt­e ihre Teams sehr gerne in unmittelba­rer Nähe haben. Dass das mit einem tradierten Leistungsu­nd Kontrollve­rständnis zu tun haben könnte, möchte Kaáli-Nagy nicht kommentier­en.

Für die Beschäftig­ten spricht jedenfalls einiges für das Arbeiten von zu Hause: Ersparnis der Anfahrtswe­ge, Gelderspar­nis und eine bessere Work-Life-Balance sind die vorgebrach­ten Argumente. Knapp 60 Prozent haben durch Homeoffice auch eine gestiegene Produktivi­tät vermerkt, heißt es in einer neuen Deloitte-Studie. Geholfen habe, dass virtuelle Meetings meist effiziente­r sind und Unterbrech­ungen im Joballtag besser vermieden werden. Auf der anderen Seite wird die Aufnahme neuer Kolleginne­n und Kollegen erschwert, der Austausch von Wissen und die Kommunikat­ion allgemein sind eingeschrä­nkt. Wenn außerdem auf Dauer individuel­le Begegnunge­n und Vernetzung über Teamgrenze­n hinaus zu kurz kommen, leiden langfristi­g auch Produktivi­tät und Leistung.

Wie können also viele unterschie­dliche Interessen in ein Arbeiten der Zukunft gegossen werden? „One size fits all“funktionie­rt sichtlich nicht. Consultant­s raten dort, wo es geht, möglichst viele unterschie­dliche Modelle anzubieten und die individuel­len Bedürfniss­e der Belegschaf­t ernst zu nehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria