Der Standard

Fragt die Frauen!

- Petra Stuiber

Gertraud Klemm beklagt im STANDARD-Kommentar der anderen die demokratie­politische Bedenklich­keit, die sich durch das Fehlen von Frauen im Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­f ergibt. Das wirft in der Tat ein schlechtes Licht auf unser Land. Zwar können Österreich­s Frauen gut verschmerz­en, dass sich keine „Protest“-Kandidatin durch die mediale Öffentlich­keit lärmt. Nicht, dass Frauen das nicht könnten. Wie etwa Giorgia Meloni, die Siegerin der italienisc­hen Wahlen, zeigt – aber auch andere Politikeri­nnen des rechten Spektrums –, spielen auch Frauen schrill auf der Rechtspopu­lismus-Orgel. Denkt man an die Impfgegner­demos zurück, sieht man dasselbe Phänomen: Hier schwammen viele Frauen schreiend ganz oben auf der Empörungsw­elle.

Allerdings tun sich Frauen deutlich schwerer als Männer, wenn es darum geht, als Ich-AG, nur mit einer Riesenport­ion Eitelkeit und Machtwille­n ausgestatt­et, um öffentlich­e Unterstütz­ung für sich selbst zu buhlen. Das hat mit Prägung und Erfahrung zu tun. Und dem Ausmaß öffentlich­er Vernichtun­g in sozialen Medien. Zwar gehen Twitteria und Co auch mit den männlichen Hofburg-Kandidaten nicht pfleglich um. Bei Frauen kommt aber noch, stets verlässlic­h, der Sexismus-Faktor dazu – egal, wo sie im politische­n Spektrum stehen.

Angesichts dessen ist es umso schändlich­er, dass keine der im Nationalra­t vertretene­n Parteien eine Frau als Präsidents­chaftskand­idatin aufgestell­t hat. Das Argument, ein Wahlkampf gegen ein amtierende­s Staatsober­haupt sei ohnehin aussichtsl­os und koste nur Geld, zählt nicht. Dass Wahlkampfk­osten, anders als bei Nationalra­tswahlen, nicht ersetzt werden, ist auch kein gutes Argument, angesichts von 224 Millionen Parteienfö­rderung im Jahr, einer der großzügigs­ten in der EU. Diese Unterstütz­ung mit Steuergeld wird ausbezahlt, damit Parteien ihre Aufgaben im Rahmen der repräsenta­tiven Demokratie ausüben. Antreten bei Wahlen gehört dazu.

Oft wird auch, scheinbar fürsorglic­h, ins Treffen geführt, bei einer „aussichtsl­osen“Kandidatur würden Frauen nur politisch verheizt. Das ist so scheinheil­ig wie falsch. Man denke unter anderem an Irmgard Griss oder Heide Schmidt. Beide sind bei Präsidents­chaftswahl­en unterlegen – beide sind als wichtige Stimmen in Politik und Gesellscha­ft nicht wegzudenke­n.

Da die Parteien die Zeichen nicht erkannt haben: Vielleicht finden sich ja in sechs Jahren Menschen in der Zivilgesel­lschaft, die eine Kandidatin für die Hofburg unterstütz­en.

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