Rassismus oder Verhetzung?
Anwalt Wilfried Embacher will aufgrund der rassistischen Aussagen des niederösterreichischen Landesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ) Anzeige einbringen. Er sieht den Tatbestand der Verhetzung erfüllt.
Nach den rassistischen Aussagen des niederösterreichischen Asyllandesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ) auf Puls 4 wird sich demnächst auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall befassen. Die Kanzlei von Anwalt Wilfried Embacher, die mit Asylverfahren bekannt wurde, will Anzeige erstatten. Die Aussagen Waldhäusls seien nicht nur rassistisch, sondern strafrechtlich relevant, weil sie den Tatbestand der Verhetzung erfüllen.
In einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA) bekräftigte der FPÖ-Politiker am Donnerstag seine Aussagen. Auf Nachfrage des STANDARD betont Waldhäusls Büro, dass dieser erst kürzlich von der Anzeige erfuhr und ihr „ruhig“entgegensehe. Aber könnte der umstrittene Politiker tatsächlich wegen Verhetzung verurteilt werden?
Der Paragraf 283 Strafgesetzbuch wurde zuletzt im Jahr 2015 umfassend reformiert und deutlich erweitert. Strafbar ist, wer entweder öffentlich zu Gewalt oder Hass gegen eine Menschengruppe aufstachelt oder eine solche Gruppe in einer Weise beschimpft, die sie öffentlich herabsetzt und damit ihre Menschenwürde verletzt. Das Strafausmaß reicht bis zu zwei Jahren Haft. Wenn die Tat in einer Zeitung oder im Fernsehen begangen wird, drohen Strafen von bis zu drei Jahren.
Menschenwürde verletzt?
Anwalt Embacher wird sich in der Anzeige, die dem STANDARD vorliegt, auf den Verhetzungstatbestand der Beschimpfung stützen.
Geschützt sind laut der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) nicht nur eng definierte Personengruppen wie Juden oder Marokkaner. Strafbar ist auch die pauschale Hetze gegen Ausländer. Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, dass die Aussage die Menschendem würde der betroffenen Gruppe verletzt. Laut OGH ist das dann der Fall, wenn „Angehörige der angegriffenen Gruppe unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschensein schlechthin abgesprochen wird, inetwa das Lebensrecht als gleichwertige Bürger bestritten wird oder sie als minderwertige oder wertlose Teil der Gesamtbevölkerung dargestellt werden.“
Während Embacher diese Voraussetzung als erfüllt betrachtet, sieht Strafverteidiger Alexander Stücklberger die Schwelle zum Strafrecht nicht überschritten. „Die Verhetzung ist so definiert, dass sie nur in Extremfällen anwendbar ist.“Da der Aufruf zu Gewalt gleich bestraft wird wie die Beschimpfung, sei der Maßstab dafür relativ hoch.
Parteikollegin verurteilt
Sollte Waldhäusl vor Gericht kommen, wäre es nicht das erste Mal, dass sich ein aktiver FPÖ-Politiker wegen Verhetzung rechtfertigen müsste. Einer der wohl bekanntesten Fälle war jener der ehemaligen Klubchefin und Stadträtin der Grazer FPÖ, Susanne Winter. Diese hatte in einer Rede vor hunderten Menschen behauptet, der muslimische Prophet Mohammed sei ein „Kinderschänder“, der den Koran während epileptischer Anfälle geschrieben habe.
Sie wurde daraufhin rechtskräftig wegen Verhetzung und der Herabwürdigung religiöser Lehren verurteilt. Dem Staatsanwalt war es gelungen zu beweisen, dass Winter gegen Leute „allein wegen ihrer Zugehörigkeit Hass geschürt“habe und durch das Urteil „eine generalpräventive Grenze zu ziehen sei“.
Der Richter folgte damals dieser Argumentation, denn er stellte Winters Aussagen in den Kontext von vielen anderen, die sie als Politikerin getätigt hatte. Das Gericht betonte damals, dass es auch in kommenden Wahlkämpfen darum gehen werde: „Was darf man, und was geht nicht?“Dieser Diskussion müsste sich die Justiz im Fall Waldhäusl wieder stellen.