Zweifelhafte Selektion
Betrifft: „Die Ganztagsschule wird’s auch nicht richten“– Gastkommentar von Ferdinand Eder
der Standard, 26. 1. 2023 Was sind die Vorbehalte der Konservativen gegenüber der Gesamtschule? Warum lehnt die Mehrheit der AHS-Lehrerinnen und -Lehrer sowie vor allem deren Gewerkschaft die gemeinsame Schule so vehement ab? Dazu zwei Erklärungsversuche:
1. Angst vor einer Verschlechterung der Arbeitssituation: Die pädagogischen Ansprüche an die Arbeit der Lehrer:innen in der Mittelschule mit heterogenen Lerngruppen (zudem viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund) sind zweifelsohne höher als in der AHS.
2. Ständestaatliches Denken: Das Gymnasium für das Bildungsbürgertum muss erhalten bleiben, sonst droht die Nivellierung nach unten.
Dabei wäre die Lösung schlicht und einfach eine Gesamtschule mit individueller Förderung und innerer Differenzierung, wie sie in fast allen OECD-Ländern üblich ist. Dieses Modell müsste für alle Zehn- bis 15Jährigen gelten (also bis zum Ende der Schulpflicht – damit wäre der Appendix Polytechnischer Lehrgang entbehrlich), selbstverständlich auch für Privatschulen. Darauf ließe sich dann die Modulare Oberstufe aufbauen, über die ja weitgehend Einigung besteht.
Übrigens: Die Gesamtschule in der AHS Anton-Krieger-Gasse im 23. Wiener Gemeindebezirk wurde längst evaluiert und lieferte positive Ergebnisse. Der Schulversuch läuft nun seit über 38 (in Worten: achtunddreißig!) Jahren – als ob es da noch etwas zu versuchen gäbe?! Werner Fröhlich, Dir. i. R, per Mail leserbriefe@derStandard.at