Der Standard

Von den Punks zur Polizei bis in die Politik

- Birgit Baumann

Ein Wechsel in einem deutschen Landesmini­sterium ist in den meisten Fällen nichts, was deutschlan­dweit Beachtung findet. In Thüringen jedoch zeigt sich gerade das Gegenteil.

Der Freistaat hat eine neue Ministerin für Justiz, Migration und Verbrauche­rschutz: Doreen Denstädt von den Grünen.

Sie ist die erste schwarze Ministerin in Ostdeutsch­land. Viele gratuliere­n, bei der AfD hingegen fabuliert man über das „woke Erscheinun­gsbild“Denstädts.

Die 45-Jährige hat mit derlei gerechnet, Rassismus begleitet sie ein Leben lang. Immer wieder wird sie nach ihrem Aufenthalt­sstatus gefragt, mit der Straßenbah­n fährt sie abends in Erfurt lieber nicht.

Als ihre Nominierun­g bekannt wurde, ging es in „sozialen“Netzwerken so tief her, dass die Polizei nun ermittelt. Nicht schön, doch Denstädt betont im Spiegel: „Ich finde es aber gut, dass das Land einmal mehr sieht, was Menschen anderer Hautfarbe, besonders Frauen, tagtäglich entgegensc­hlägt.“

Auch für jene, die sie in ihrem neuen Amt feiern, hat Denstädt eine Botschaft: „Ich hoffe ja sehr, dass ich nicht aufgrund meiner Hautfarbe einen Vorteil genieße.“In Thüringen sind die Grünen eher schwach, in der Koalition mit SPD und Linken unter Führung von Bodo Ramelow (Linke) der kleinste Partner. Die AfD von Rechtsauße­n Björn Höcke haben 2019 23,4 Prozent gewählt.

Denstädt soll ein Jahr vor der Landtagswa­hl punkten, sie selbst hat sich einmal eine „große Klappe“attestiert. Dass sie einiges Durchsetzu­ngsvermöge­n hat, zeigt ihre Karriere. Geboren wurde sie im thüringisc­hen Saalfeld, ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater stammt aus Tansania.

In ihrer Jugend war Denstädt Teil der Erfurter Punkszene, wechselte danach aber quasi die Seiten und absolviert­e eine Ausbildung an der Polizeisch­ule in Meiningen. Die Diplom-Verwaltung­swirtin und zweifache Mutter war bis zum Wechsel ins Ministeriu­m auch die erste und einzige schwarze Polizistin in Thüringen.

Rugby hat sie 15 Jahre lang gespielt, den Grünen trat sie 2021 bei – als Zeichen gegen die AfD. Zuletzt beriet Denstädt im Thüringer Innenminis­terium Menschen, die schlechte Erfahrunge­n mit der Polizei gemacht haben.

Sie ist keine Juristin, auch keine Expertin für Migration und weiß, dass man ihre Arbeit genau beobachten wird. Denstädt aber nimmt es gelassen: „Ich denke, dass ich der neuen Aufgabe gewachsen bin.“

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Foto: Imago / Karina Hessland Doreen Denstädt (Grüne) ist die erste schwarze Ministerin Ostdeutsch­lands.

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