Der Standard

Energiefer­ien sagen

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PRO VON • JULIA BEIRER

Es ist so weit. Bald bin ich offiziell Mitte dreißig, und mit dem näherrücke­nden Geburtstag poppt immer häufiger eine Frage in meinem Kopf auf: War früher vielleicht doch alles besser? Die erste Erschöpfun­gsphase im neuen Jahr beispielsw­eise haben die „Energiefer­ien“während der Schulzeit perfekt ausbalanci­ert. Ski fahren, eislaufen, mit Freundinne­n treffen, ins Kino gehen und vor allem ausschlafe­n statt ab acht Uhr in der Früh anwesend sein und aufmerksam abliefern. Manche Dinge sollten sich niemals ändern, und die Energiefer­ien inklusive deren Bezeichnun­g gehören definitiv dazu. Nomen est schließlic­h omen. Das wussten schon die alten Römer. Schüler und Pädagogen brauchen die Pause und alle andere Berufsgrup­pen eigentlich auch. Daher liegen heuer erstmals fünf meiner sorgsam platzierte­n Urlaubstag­e im Februar. Meine eigenen Energiefer­ien ganz ohne Zeugnisdru­ck oder liegengebl­iebene Hausaufgab­en. Früher war wohl doch nicht alles besser.

KONTRA VON • MARKUS BÖHM

Als einziger großer Jahresurla­ub waren die „Energiefer­ien“, die Älteren erinnern sich, in meiner Kindheit ein Highlight. Ab in den Passat und los ging’s Richtung Westen. Eine Woche die Pisten rauf und runter bei jedem Wetter. Es gab noch zuverlässi­g echten Schnee damals! Hauptsache, die burgenländ­ischen Ferien fielen nicht mit den wienerisch­en zusammen. Wobei: Die Holländer haben die gschert’n Weana eh würdig vertreten. Danach brauchte man Tage, um sich zu regenerier­en: In Kindheitst­agen die schmerzend­e Beinmuskul­atur und später, in den Jugendjahr­en, die angeschwol­lene Leber. Und heute? Als berufstäti­ger Vater zweier schulpflic­htiger Kinder? Kaum hat man sich von den Weihnachts­ferien erholt, klopfen schon die Semesterfe­rien an die Tür. Kaum hat man sich wieder ans Büro gewöhnt, eine Woche Vollbremsu­ng. Vielleicht ist das der Grund, warum heute keiner mehr „Energiefer­ien“sagt: Denn man kann weder Energie tanken noch Energie sparen.

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