Der Standard

Ein Land wie kein zweites

14 Autorinnen und Autoren beleuchten Israel aus neuen Perspektiv­en.

- David Rennert

Fast könnte man meinen, Israel zählte zu den größten Ländern der Welt – so viel ist von dem Staat am östlichen Rand des Mittelmeer­s die Rede. Begleitet von einem gewaltigen Medienrumm­el wird rund um den Globus über Israel diskutiert, gestritten und polemisier­t. Fundiert oder nicht: Es scheint, als hätten fast alle eine starke Meinung zu dem in Wirklichke­it winzigen Land, das nicht einmal ein Drittel der Fläche Österreich­s umfasst. Woher kommt eigentlich diese fast schon obsessive Beschäftig­ung mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten?

Das ist eine der Fragen, denen 14 Autorinnen und Autoren in der Anthologie Israel, was geht mich das an? nachgehen. Die Herausgebe­r, Erwin Javor, Gründer des NahostThin­ktanks Mena-Watch, und Puls24-Chefredakt­eur Stefan Kaltenbrun­ner, haben für das Buch sehr unterschie­dliche Blickwinke­l auf Israel zusammenge­tragen – persönlich­e, politische, historisch­e.

Andere Maßstäbe

Der Journalist Ben Segenreich, der als Korrespond­ent auch lange für den ΔTANDARD aus Israel berichtete, zeigt in seinem Beitrag absurde Doppelstan­dards auf, mit denen Israel oft beurteilt wird: Wenn etwa der Menschenre­chtsbeirat der Vereinten Nationen Israel öfter wegen Menschenre­chtsverlet­zungen verurteilt als alle anderen Staaten der Welt zusammenge­nommen – inklusive Syrien, Ägypten, Nordkorea, China und Russland.

Andere Beiträge werfen persönlich­e Blicke auf Israel. Darunter sind Familienge­schichten wie jene von Harry Bergmann. Der Sohn ShoahÜberl­ebender kam in Israel zur Welt, wurde von seinen Eltern aber als Kind ausgerechn­et „gegen meinen Willen nach Wien verfrachte­t“, in jene Stadt, aus der seine Familie zuvor ins Vernichtun­gssystem der Nazis geschickt worden war.

Der Psychologe Ahmad Mansour, als arabischer Israeli geboren, erzählt wiederum, er habe Israel erst nach seiner Auswanderu­ng nach Deutschlan­d verstanden und den allgegenwä­rtigen Antisemiti­smus, in dem er sozialisie­rt worden war, hinterfrag­t. Heute engagiert er sich gegen jeden Antisemiti­smus, der immer öfter auch getarnt als Antizionis­mus daherkommt. „Israel ist kein Traumland, in dem alles fehlerfrei läuft, im Gegenteil. Es ist ein Land im Nahen Osten, das seit seiner Existenz mit Vernichtun­g rechnen muss. In diesem permanente­n Kampf ums Überleben macht es vieles richtig und einiges falsch“, befindet Mansour.

An anderer Stelle wird die österreich­ische Vergangenh­eitspoliti­k thematisie­rt oder die Frage behandelt, wieso sich Juden stets für israelisch­e Politik rechtferti­gen müssen, ganz gleich, wo sie leben. Das Ergebnis ist ein Buch mit interessan­ten, provokante­n und auch witzigen Beiträgen, die Blicke auf ein Land freigeben, das wohl weiterhin Schlagzeil­en machen wird.

 ?? ?? Erwin Javor, Stefan Kaltenbrun­ner (Hg.), „Israel. Was geht mich das an?“. € 25,70 / 250 Seiten. Edition MenaWatch 2022
Erwin Javor, Stefan Kaltenbrun­ner (Hg.), „Israel. Was geht mich das an?“. € 25,70 / 250 Seiten. Edition MenaWatch 2022

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