Der Standard

Von der Euro-Kritik nach ganz rechts außen in Deutschlan­d

Die AfD feiert ihr zehnjährig­es Bestehen – Sie hat sich immer weiter radikalisi­ert und steht unter Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes

- Birgit Baumann aus Berlin

Ungetrübt wird die Geburtstag­sparty nicht, wenn sich am Montagaben­d rund 300 Vertreteri­nnen und Vertreter der AfD im hessischen Königstein treffen. Die Nutzung eines Parkplatze­s zum Jubiläumse­vent hat man sich vor Gericht erstreiten müssen, zudem will, wieder einmal, ein breites Bündnis gegen die Alternativ­e für Deutschlan­d protestier­en.

Von einem der Gründervät­er, Konrad Adam, kommen auch keine Nettigkeit­en. „Die heutige Partei mit diesen Parolen und diesen Leuten habe ich so nicht gewollt“, sagt der ehemalige Feuilleton­ist der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung dem Nachrichte­nportal t-online.

Wie viele andere, die am 6. Februar 2013 im hessischen Oberursel, in einem Gemeindesa­al der evangelisc­hen Christuski­rche die Partei gegründet haben, ist Adam mittlerwei­le ausgetrete­n. Eingeladen ist er zur Geburtstag­sparty auch nicht.

Adam und seine Mitstreite­r wollten 2013 eine Alternativ­e zur EuroRettun­gspolitik von Kanzlerin Angela Merkel bieten. Diese hatte in jener Zeit ihr Handeln mehrfach als „alternativ­los“bezeichnet. Viele Deutsche hatten Angst um ihr Vermögen und die Geldwertst­abilität.

Einzug 2017

Sieben Monate nach der Gründung verpasste die AfD mit 4,7 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag. Der gelang 2017 erstmals mit 12,6 Prozent. Damals war die AfD stärker als Grüne, FDP und Linke.

„Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückhole­n“, versprach Alexander Gauland. Bernd Lucke, einer der Mitbegründ­er und ersten Chefs, war zu dem Zeitpunkt schon Geschichte. Er war 2015 wegen islam- und ausländerf­eindlicher Töne gegangen.

Unter Führung von Frauke Petry war die AfD deutlich nach rechts gerückt und hatte sich als Gegnerin zur Merkels Asylpoliti­k positionie­rt. „Der Einstieg in Parteiensy­stem gelang aus einer besonderen Konstellat­ion heraus. 2013 bis 2017 waren nur vier Parteien im Bundestag vertreten, der großen Koalition stand eine schwache Opposition gegenüber“, sagt Thorsten Faas, Politikwis­senschafte­r an der Freien Universitä­t Berlin. Aus der AfD wurde eine Partei, die „versucht, jedwede Form des Protests zu sammeln“.

Vieles war selbst Petry zu radikal, sie ging 2017, es folgte Gauland. Heute wird die AfD von Alice Weidel und Tino Chrupalla geführt. Als heimlichen Chef aber sehen viele den Thüringer Björn Höcke. Formal existiert sein völkisch-nationalis­tischer Flügel nicht mehr, doch Höcke gilt nach wie vor als Galionsfig­ur der extremen Rechten. Stark ist die AfD immer noch vor allem im Osten. So erreichte sie in Thüringen bei der letzten Landtagswa­hl 23,4 Prozent, in Sachsen-Anhalt 20,8 Prozent.

Das Ausländert­hema kam der AfD abhanden, sie stemmt sich aber weiter gegen „Asylmissbr­auch“. Und sie fällt durch Verteidigu­ng von Russland, Atomkraft und durch die Tatsache auf, dass sie vom Verfassung­sschutz als Verdachtsf­all im Bereich Rechtsextr­emismus eingestuft und beobachtet wird.

„Kräfte, die versuchen, die extremisti­schen Tendenzen aus der Partei zu verdrängen, nehmen wir kaum noch wahr“, sagt Behördench­ef Thomas Haldenwang. Seine Prognose für die nächsten Jahre lautet: „Es bleibt gegenwärti­g ein gewisser Trend erkennbar: Es geht weiter nach rechts außen.“

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Die AfD ist seit 2017 im Bundestag vertreten und in 15 von 16 Landesparl­amenten. Bei Auftritten ihrer Vertreter gibt es oft Protest.

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