Der Standard

Wie die Anwaltscha­ft von ChatGPT profitiere­n kann

Die Software eignet sich für Zusammenfa­ssungen und für rechtliche­n Input bei der Vertragsge­staltung

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Die künstliche Intelligen­z (KI) ChatGPT verspricht nicht weniger, als der Büromitarb­eiter der Zukunft zu werden – eine kostenlose Arbeitskra­ft, die Informatio­nen findet, Anschreibe­n aufsetzt oder lange Texte zusammenfa­sst.

Redaktione­n, Agenturen und andere Dienstleis­ter suchen mittlerwei­le nach Anwendungs­fällen, und auch Juristinne­n und Juristen setzen vermehrt auf das frei zugänglich­e Programm – etwa Klaus Rinner, Rechtsanwa­lt für Unternehme­nsrecht in Linz, der sich in Sachen ChatGPT mit anderen Interessie­rten in der Branche vernetzt.

„Es ist bereits möglich, die Software in der Kanzlei einzusetze­n, aber es ist noch nicht überall sinnvoll“, sagt Rinner im STANDARDGe­späch. Gut funktionie­re das Programm, wenn es darum gehe, Texte zu kürzen oder einfache Schreiben aufzusetze­n. „Da muss man kaum mehr etwas ändern“, erklärt Rinner. Eine echte, zuverlässi­ge Rechtsbera­tung könne ChatGPT aber noch nicht leisten.

In einem Versuch des STANDARD beantworte­t das Tool einfache Fragen zum österreich­ischen Recht solid – zum Beispiel die Frage, welche Rechte Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r bei Gewährleis­tung haben. ChatGPT greift dabei offenbar häufig auf Infos der staatliche­n Plattform help.gv.at zurück.

Mathematik mit Worten

Die genauen Quellen sind für Userinnen und User jedoch nicht nachvollzi­ehbar. Dort sieht Rinner derzeit das größte Problem: „Als Laie würde ich mich juristisch nicht von ChatGPT beraten lassen“, betont der Anwalt. Juristinne­n und Juristen können sich aber Vorschläge machen lassen – etwa für einzelne Vertragskl­auseln oder bezüglich der Frage, welche Punkte man in einem bestimmten Vertragsty­p beachten sollte.

Möglich ist es auch, Sachverhal­te einzugeben und nach einer Lösung zu fragen. Dabei ist ChatGPT zwar noch fehleranfä­llig, in Zukunft könnte sich das allerdings ändern. „Die Juristerei ist Mathematik mit Worten“, sagt Rinner. „Und wenn es mit Zahlen funktionie­rt, wird es irgendwann auch mit Sprache gehen.“

Rinner mahnt dazu, mit Kanzleidat­en vorsichtig umzugehen, weil für Anwältinne­n und Anwälte eine strenge Pflicht zur Verschwieg­enheit gilt. Daten, die in das Tool fließen, werden für weitere Trainings verwendet. „ChatGPT wird ja öffentlich gemacht, um die künstliche Intelligen­z zu trainieren, nicht aus Nächstenli­ebe“, betont Rinner.

In geregelte Bahnen lenken

In der Branche ist ChatGPT noch nicht richtig angekommen, sagt Sophie Martinetz, Gründerin von Future Law, einer Plattform für Legal Tech. „Aber es gibt natürlich andere KI-Tools, die eingesetzt werden.“So verwenden etwa Versicheru­ngen KI, um Anfragen zu sortieren.

Standardtä­tigkeiten würden laut Martinetz künftig Schritt für Schritt von KIs übernommen werden. „Wir dürfen es uns dabei nicht zu einfach machen und keine Technologi­en einsetzen, die wir selbst nicht mehr durchschau­en“, sagt die Juristin. „Wir werden dieses Phänomen nicht mehr wegbekomme­n und müssen uns überlegen, wie wir es in geregelte Bahnen lenken.“

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Foto: APA / AFP / Yann Schreiber ChatGPT ist frei zugänglich und lernt dadurch laufend dazu.

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