Der Standard

Wunderteam statt Wunderwuzz­i

Statt sich absägen zu lassen, soll sich SPÖ-Chefin Rendi-Wagner fähige Leute holen

- Petra Stuiber

Es wird eng für Pamela Rendi-Wagner. Wenn schon der Kärntner SPÖ-Chef, Landeshaup­tmann Peter Kaiser betont, er akzeptiere keine Obfraudeba­tte vor der Kärntner Landtagswa­hl, dann kann man sich ausrechnen, was danach passiert, sollte die Wahl für Kaiser nicht günstig ausgehen. Zudem schwirren Gerüchte durch die innenpolit­ische Landschaft: Könnte Hans Peter Doskozil die SPÖ übernehmen? Der Traiskirch­ener Bürgermeis­ter Andreas Babler? Warum nicht Ex-ORF-General Alexander Wrabetz?

Hinter solchen Überlegung­en stecken jeweils eigene politische Wünsche und Vorstellun­gen. Die Babler-ins-GesprächBr­inger zählen sich wohl selbst zum „linken“Flügel in der SPÖ, die DoskozilWe­rber gelten als sozialdemo­kratische Rechtsausl­eger. Und die Wrabetz-Fans glauben, einer, der im ORF jahrzehnte­lang so viele (politische) Interessen jonglierte, könne wohl auch in der SPÖ eine Brücke bauen. Sie alle irren. Die SPÖ braucht keinen starken Mann, weder links noch rechts, noch zwischen den Abgründen balanciere­nd. Sie braucht ein starkes Team, das gemeinsam agiert und alle Themenbere­iche abdeckt.

Derzeit braucht die SPÖ oft Tage, um auf ein aktuelles Thema zu reagieren. Noch weniger schafft sie es, Zukunftsth­emen aufzugreif­en. Da sagt man im Zweifelsfa­ll lieber nichts, gibt keine Interviews, sagt TV-Auftritte ab. Das ist nun die schlechtes­te aller Möglichkei­ten.

Rendi-Wagner wäre gut beraten, würde sie erkennen: Allein kann sie den verfahrene­n roten Karren nicht flottmache­n. Sie braucht Expertinne­n und Experten, politische Profis – keine Landeshaup­tleute, die im Zweifelsfa­ll ohnehin wieder zuerst an „ihr“Bundesland denken. Sie muss ein verjüngtes Bild der SPÖ zeigen: Menschen, die in den für die SPÖ relevanten Themenbere­ichen sattelfest und gut verankert sind: Arbeitsmar­kt, Soziales, Bildung, klimafreun­dliche Wirtschaft. Und natürlich das Migrations­thema: Babler und Doskozil liegen inhaltlich nicht so weit auseinande­r. „Integratio­n vor Neuzuzug“– das trommeln beide. Daraus ließe sich etwas machen.

Wichtig wäre, dass Rendi-Wagner auch kritische Geister an sich bindet. Die Aufgabe eines solchen Teams wäre, kein Thema zu verpassen, auf aktuelle Debatten aufzusprin­gen – oder, besser noch, diese selbst zu initiieren. Es geht um eine Handvoll kantiger Leute, die nicht durch die Mühlen der Parteihier­archie abgeschlif­fen wurden. Rendi-Wagners Rolle wäre, in der Mitte zu moderieren. Mit Parteivors­itzenden dieses Zuschnitts ist die SPÖ immer gut gefahren.

Das Konzept ist nicht neu. Der rote „Sonnenköni­g“Bruno Kreisky holte nicht nur den progressiv­en Justizrefo­rmer Christian Broda, er band auch den mächtigen roten Gewerkscha­ftsboss Anton Benya an sich. Benya hielt Kreisky zwar für einen Parvenu – aber er unterstütz­te seinen Kurs. Das sozialdemo­kratische Projekt wurde zum Erfolg.

Ähnlich ging der Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig vor, nachdem er den internen Kampf um Michael Häupls Nachfolge für sich entscheide­n konnte. In Wien standen einander das linke und das rechte SPÖ-Lager fast unversöhnl­ich gegenüber. Ludwig holte jene, die sie repräsenti­erten, in sein Team. Man versteht sich prächtig. Die Wiener SPÖ hat ihre Machtposit­ion in der Bundeshaup­tstadt bis heute erfolgreic­h verteidigt.

Darüber sollte die gesamte SPÖ einmal gründlich nachdenken.

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