Der Standard

Besetzung von Topjobs ohne politische­n Einfluss?

Kanzler will Änderungen, Grüne „für Vorschläge offen“

- Katharina Mittelstae­dt

Postenbese­tzungen in Justiz, Verwaltung und dem staatsnahe­n Bereich sind oft politisch motiviert und heikel. Das hat die jüngste Vergangenh­eit wieder gezeigt. Mehr als ein Jahr wurde die Spitze des Bundesverw­altungsger­ichts nicht besetzt, weil sich ÖVP und Grüne darüber stritten, wer den Job bekommen soll. Am Straflande­sgericht Wien muss derzeit ExKanzler Sebastian Kurz erklären, welche Rolle er bei der Bestellung von Thomas Schmid als Öbag-Vorstand spielte. Es ist bekannt, dass sich Parteien bereits während Koalitions­verhandlun­gen ausdealen, wer welche Posten besetzen darf. Könnte sich das bald bessern?

Bundeskanz­ler und ÖVP-Chef Karl Nehammer hat sich jedenfalls in diese Richtung geäußert. In der ORF-Pressestun­de erklärte er in Bezug auf die Entscheidu­ngsmacht der Regierung bei gewissen Besetzunge­n: „Ich bin der Erste, der sagt, das gehört geändert.“Entweder es gebe eine Ausschreib­ung und dann die Entscheidu­ng durch eine Kommission oder eben eine politische Entscheidu­ng. Das derzeitige „Mischverhä­ltnis“gehöre beendet.

Grüne seien offen

Seitens der Grünen wird auf Nachfrage des STANDARD erklärt: „Wir stehen seit jeher dafür, dass Personalen­tscheidung­en objektiv, transparen­t und mit Fokus auf die Qualifikat­ion und Kompetenz getroffen werden. Für Vorschläge des Koalitions­partners zur Verbesseru­ng dieser Prozesse sind wir offen.“Mit solchen Vorschläge­n ist von der ÖVP derzeit aber wohl nicht zu rechnen. Nehammer hat schon vergangene­s Jahr erklärt, dass es für aktuell vorzunehme­nde Bestellung­en zu spät sei, er wolle den Modus „in einer nächsten Legislatur­periode“ändern. Aber wie könnte eine Änderung überhaupt aussehen?

Die Grünen betonen, dass es für wichtige Ämter und Positionen unterschie­dlichste Besetzungs­verfahren gebe – der Prozess ist bei Richterinn­en oder leitenden Positionen im öffentlich­en Dienst ein anderer als bei Schuldirek­toren. Es gibt also nicht bloß eine Antwort auf diese Frage.

Im Jahr 2021 wurde das Ausschreib­ungsgesetz geändert. Seither werden Arbeitspla­tzbeschrei­bungen dem Ministeriu­m zur Genehmigun­g vorgelegt, bevor eine Ausschreib­ung erfolgt. So soll verhindert werden, dass Ausschreib­ungen auf bestimmte Personen zugeschnit­ten werden. Nach Vorwürfen der Postenkorr­uption am Obersten Gerichtsho­f (OGH) kam dort bei der Nachbesetz­ung der Präsidente­nstelle vergangene­s Jahr ein neues Verfahren zur Anwendung. Die Justizmini­sterin bleibt zwar für die Ernennung zuständig, sie muss aber eine schriftlic­he Begründung vorlegen, sollte sie vom Vorschlag einer neuen, richterlic­hen Personalko­mmission abweichen.

Änderungsb­edarf

Verfassung­sjurist Heinz Mayer sieht auch Änderungsb­edarf bei der Besetzung der wichtigste­n Posten an den anderen Höchstgeri­chten: „Die Bundesregi­erung sollte auch hier an die Vorschläge von richterlic­hen Organen gebunden sein“, sagt er. Beim Verfassung­sgerichtsh­of ist es derzeit etwa so, dass die Regierung den Präsidente­n, den Vizepräsid­enten sowie sechs Mitglieder vorschlage­n kann. Jeweils drei weitere Mitglieder überlegen sich Nationalra­t und Bundesrat. „Sinnvoller wäre es, wenn ein Ausschuss bestehend aus Mitglieder­n aller Höchstgeri­chte die Personalvo­rschläge machen würden“, sagt Mayer.

Die Letztentsc­heidung in vielen Fragen müsse bei der Regierung liegen. Sie sei – anders als eine Kommission – schließlic­h demokratis­ch legitimier­t. „Aber die parteipoli­tische Einflussna­hme muss möglichst hintangeha­lten werden“, sagt Mayer. Das sei möglich, indem qualifizie­rte Kommission­en Dreiervors­chläge machen und die Regierung daraus auswählt. Schon jetzt werden die wichtigste­n Personalen­tscheidung­en am Ende vom Bundespräs­identen abgesegnet, der Fehlentsch­eidungen verhindern kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria