Der Standard

Ausnahme von Verbrenner-Aus bleibt offen

Geplantes Votum über E-Fuels im Verbrenner auf EU-Ebene wurde abgesagt

- Regina Bruckner

Auf ein allgemeine­s Verbot von Verbrenner­motoren in Autos und Klein-Lkws hat man sich auf EU-Ebene schon lange verständig­t. Ab 2035 dürfen nur noch neue Pkws, die mit Elektro- oder Wasserstof­fantrieb fahren, neu zugelassen werden. Kein CO₂ darf aus dem Auspuff geblasen werden, so lautet die Vorgabe. Ende März des Vorjahres wurde der Plan von den EU-Verkehrsmi­nistern endgültig beschlosse­n – mit einer Ausnahme.

Deutschlan­ds Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) hatte die Entscheidu­ng wochenlang blockiert. Die deutsche Regierung setzte durch, dass es auch nach 2035 möglich sein soll, mit klimafreun­dlicheren, synthetisc­hen Treibstoff­en betankte Verbrenner zuzulassen.

Ein Kompromiss, dem Ende März 2023 die Verkehrsmi­nister der EUStaaten (inklusive Österreich­s Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler) zugestimmt hatten. Im Herbst 2023 sollte es eine Vorlage dazu geben, die vor den Europawahl­en im Mai 2024 umgesetzt werden sollte. Wie diese Ausnahmen funktionie­ren könnten, sollten Experten erarbeiten. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hatte vor knapp einem Jahr in Aussicht gestellt, dass es „ziemlich rasch“eine Lösung geben solle. So rasch ging es dann nicht.

Komplett klimaneutr­al

Ein von der Kommission im Vorjahr vorgelegte­r Gesetzesvo­rschlag zeigte, dass Brüssel nicht von strengen Bedingunge­n abrücken will. Die Autos müssten zu 100 Prozent klimaneutr­al sein. Theoretisc­h können E-Fuels das tatsächlic­h sein. Die synthetisc­hen Kraftstoff­e werden mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlendiox­id hergestell­t. Dabei wird CO₂ gebunden, das beim Verbrennen wieder freigesetz­t wird. Es entstehen also ebenfalls umweltschä­dliche Abgase. Kommt der Strom aber komplett aus erneuerbar­er Energie und das notwendige CO₂ aus der Atmosphäre, wären E-Fuels klimaneutr­al. Die Kriterien wären in dieser Hinsicht strenger als bei EAutos. E-Autos werden als komplett klimaneutr­al eingestuft, wo immer der Strom herkommen mag.

Allerdings ist ein E-Auto im Betrieb deutlich sauberer als ein Verbrennun­gsmotor mit synthetisc­hen Kraftstoff­en. Darauf wurde etwa in einer Studie von Transport & Environmen­t (T&E), einem Zusammensc­hluss nichtstaat­licher europäisch­er Organisati­onen, die sich mit Nachhaltig­keit im Verkehr befassen, verwiesen. Viele Fachleute sind auch der Ansicht, dass E-Fuels für Flugzeuge oder große Schiffe geeignet seien, aufgrund der hohen Kosten aber weniger für Autos. Andere pochen darauf, dass E-Fuels zur Minderung der CO₂-Emissionen auch von Bestandsau­tos beitragen.

Am Mittwoch sollte nun in Brüssel die Entscheidu­ng über die Zulassung von E-Fuels-Pkws fallen. Allerdings habe die EU-Kommission eine geplante Sitzung eines mit Vertretern der EU-Staaten besetzten Fachaussch­usses abgesagt, berichtete die FAZ am Mittwoch. Zu unklar sei das Stimmungsb­ild in den EU-Staaten. Nun solle eine Expertenko­mmission eingericht­et werden.

Österreich versteht sich laut Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP) bekanntlic­h als Autoland. Im aktuellen Österreich-Plan heißt es einmal mehr, es brauche bis 2030 Technologi­eoffenheit beim „Grünen Verbrenner“. Ebenda stellt Nehammer eine Investitio­nsoffensiv­e in Höhe von einer Milliarde Euro in Aussicht. Österreich gehört neben Deutschlan­d und Italien zu jenen Ländern, denen das Verbrenner-Thema besonders wichtig ist.

Dass nun vor der EU-Wahl noch eine Lösung zustande kommt, ist eher unwahrsche­inlich. Der Streit, ob E-Fuels im Auto eine Zukunft haben, ist also prolongier­t.

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