Der Standard

Todesfälle durch illegale Drogen auf Rekordhoch

248 Menschen verstarben 2022 durch die Überdosier­ung einer illegalen Substanz. Das ist im Vergleich zu den Todesfälle­n wegen Alkohols oder Nikotin wenig. Drogen wie Kokain werden allerdings immer populärer.

- Muzayen Al-Youssef

Die Zahl der Todesfälle durch den Konsum illegaler Drogen ist seit Beginn der Messungen 2003 auf einem Höchststan­d. 248 Personen starben im Jahr 2022 an einer Überdosier­ung, meist durch eine Mischung aus Opioiden und anderen Drogen – etwa Alkohol oder Psychophar­maka.

Das zeigt der aktuelle Drogenberi­cht des Forschungs­instituts Gesundheit Österreich (GÖG) des Gesundheit­sministeri­ums. Darunter finden sich zu mehr als einem Viertel mittlerwei­le Menschen unter 25 Jahren.

Kein Grund ersichtlic­h

Der Anstieg ließe sich anhand der Daten derzeit nicht begründen, sagte Martin Busch, Leiter des Kompetenzz­entrums Sucht der GÖG am Dienstag. Grundsätzl­ich würden seit Mitte der 2000er-Jahre immer weniger Jugendlich­e Opioide, die besonders oft bei Todesfälle­n nachgewies­en werden, konsumiere­n.

Möglich sei, dass es sich um noch nicht absehbare Folgen der CoronaPand­emie handelt: Jugendlich­e waren einsamer, wodurch sie anfälliger für eine Abhängigke­it waren.

Denkbar sei zudem, dass viele der Betroffene­n bisher noch keinen Kontakt zu den Suchtberat­ungsstelle­n aufgebaut hätten. Eine andere mögliche Erklärung sei, dass sich die Reinheit illegaler Substanzen erhöht hat – und damit das Risiko für eine Überdosier­ung.

Potente Schmerzmit­tel wie Fentanyl – das vor allem in den USA und in Kanada eine Gesundheit­skrise ausgelöst hat – bleiben hierzuland­e nach wie vor Randersche­inungen, sagte Busch. Zwar gebe es einen leichten Anstieg, der sei aber noch kein Grund für Besorgnis.

Besonders der Konsum von Kokain ist in den vergangene­n Jahren rapide gestiegen. Hatten 2015 noch 0,4 Prozent der Bevölkerun­g angegeben, Koks im vergangene­n Jahr konsumiert zu haben, waren es 2022 bereits 1,5 Prozent.

Und auch die Zahl jener, die überhaupt schon einmal in ihrem Leben Kokain konsumiert haben, hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Das entspricht auch europaweit­en Entwicklun­gen: Kokain wird immer reiner und immer günstiger – und ist längst nicht mehr eine Droge der Reichen.

Drogenlabo­re in Europa

Das liegt unter anderem daran, dass es seit einigen Jahren den Schwarzmar­kt überschwem­mt. Schmuggler haben immer bessere Methoden entwickelt, um Vorstufen des Kokains aus Südamerika nach Europa zu transporti­eren.

Teilweise wandeln sie diese sogar in eigenen Drogenlabo­ren mitten in der EU, etwa in den Niederland­en, zu der pulverförm­igen Droge um. Das merken auch die Suchtzentr­en: 2022 war Kokain bei jeder fünften Erstbehand­lung die Leitdroge.

Die mit Abstand am häufigsten konsumiert­e illegale Droge ist aber nach wie vor Cannabis. In etwa ein Fünftel der Bevölkerun­g über 15 Jahren hat Hanf bereits ausprobier­t. Meistens wird die Droge nur kurzfristi­g konsumiert.

Eine neue Gefahr liefern synthetisc­he Cannabinoi­de: Diese werden durch chemische Prozesse hergestell­t und dann auf Cannabisbl­üten gesprüht. Das Problem dabei: Die Studienlag­e ist sehr dünn, weswegen mögliche Risiken nicht einschätzb­ar sind. Auch lässt sich die Dosierung nicht verlässlic­h steuern.

Aus diesem Grund hat das Gesundheit­sministeri­um auch den Stoff HHC verboten – mittlerwei­le bieten Hanfshops allerdings bereits andere Cannabisbl­üten mit synthetisc­hen Stoffen an.

Die nach wie vor am häufigsten konsumiert­en Drogen bleiben aber die legalen, nämlich Alkohol und Nikotin. Rund ein Fünftel der Bevölkerun­g raucht täglich, und gemäß aktuellen Schätzunge­n dürften Tabakrauch­en und Passivrauc­h hierzuland­e für 16 Prozent aller Todesfälle verantwort­lich sein.

Laut GÖG-Suchtexper­te Busch würden zugleich knapp mehr als die Hälfte aller Raucherinn­en und Raucher darüber nachdenken aufzuhören – rund eine Million Menschen.

Rauchen am gefährlich­sten

Zwar würden Jugendlich­e immer seltener zur klassische­n Zigarette greifen, dafür aber auf alternativ­e, neue Nikotinpro­dukte. In erster Linie sind das Beutel, die Nikotin über das Zahnfleisc­h in den Körper transporti­eren. Oder aber auch E-Zigaretten, die häufig als Lifestylep­rodukt verkauft würden, moniert Busch. Es bestehe die Gefahr, dass dieser neue Trend dazu führe, dass es bald wieder mehr Nikotinabh­ängige gebe.

Der Alkoholkon­sum sank über die letzten Jahrzehnte stark, jedoch langsamer als in anderen Staaten, weswegen er vergleichs­weise immer noch hoch ist. 15 Prozent der Bevölkerun­g trinken Bier und Wein in einem problemati­schen Ausmaß.

Dies seien laut GÖG bei Männern im Durchschni­tt mehr als rund drei große Bier, bei Frauen zwei große Bier pro Tag. Ein Anstieg durch die Corona-Pandemie sei bisher aber nicht ersichtlic­h.

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Foto: Imago / Pond5 Images Der Kokainkons­um ist in den letzten Jahren stark gestiegen, aber nicht für den Anstieg an Todesfälle­n verantwort­lich.

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