Wie Städte Autos wegbekämen
Hat sich eine Stadt politisch geeinigt, den Motorverkehr zu reduzieren, lautet die nächste Frage: Wie? Viele Maßnahmen sind komplex – aber es gibt auch einfache und schnelle Lösungen.
Wenig Platz und viele Menschen: Städte sind ein Brennpunkt in der Frage, wie Verkehr organisiert sein soll. Weil sich viele Menschen von A nach B bewegen und das Leben verstärkt im öffentlichen Raum stattfindet. Und weil der öffentliche Verkehr im dicht belebten Gebiet entweder gut ausgebaut oder gut auszubauen wäre, liegt eine Forderung nahe: Autos sollen aus den Städten möglichst verdrängt werden.
Aber wie? Aufsehen erregte zuletzt wieder einmal die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo: Für schwere Autos bezahlt man in der französischen Hauptstadt auf Hidalgos Initiative hin künftig immense Parkgebühren. In Österreich kann sich nur Graz eine ähnliche Regelung vorstellen, und auch dort bräuchte es zuerst gesetzliche Grundlagen, die im Landtag zu beschließen wären.
Das Pariser Modell hat darüber hinaus zwei große Haken: Erstens gilt es nur für Autos von außerhalb der Stadt, „Einheimische“sind ausgenommen. Das mindert den verkehrsberuhigenden Effekt. Zweitens muss die Regelung technisch über mit der Kreditkarte verknüpfte Gewichtsdaten des abgestellten Fahrzeugs abgewickelt werden. Ganz schön komplex.
Wenn die hohen Emissionen durch den Autoverkehr aber schnell runter sollen, müssen auch rasche Lösungen her. Zum Beispiel:
Weniger Parkplätze
Je schwieriger die Suche nach einem Abstellplatz ist, desto eher lassen Menschen das Auto zu Hause. „Der Pkw-Besitz in Wien ist auch deshalb gesunken, weil es weniger Parkplätze gibt“, sagt Martin Fellendorf vom Institut für Straßen- und Verkehrswesen der TU Graz. Das Auto habe „immer einen Vorteil gegenüber dem öffentlichen Verkehr, aber man kann es unbequemer machen“. Dazu gehöre etwa, das Parken vor der Haustür zu begrenzen. Gleichzeitig sei es wichtig, dass für Handwerkerinnen oder Menschen mit Gehbehinderung Stellplätze vor Ort bereitstünden.
Fahrspuren anders nutzen
Wie der verfügbare Platz in Städten genutzt wird, ist eine politische Frage – und auch eine des Wordings. Torsten Perner von der dänischen Beratungsagentur Ramboll sagt zum Beispiel lieber, dass Radfahrern und Fußgängerinnen eine Spur gegeben wird, als dass Autos eine abhandenkommt. Der Effekt solcher Umverteilungsmaßnahmen sei eindeutig: „Die Leute fahren mehr Rad.“Entscheidend sei dabei, dass das subjektive Sicherheitsgefühl durch Abgrenzungen vom Autoverkehr hergestellt wird: „Wenn ich Angst haben muss, verletzt zu werden, dann fahre ich nicht – das ist doch ganz logisch“, sagt Perner, dessen Arbeitgeber etwa Städte bei solchen Projekten begleitet.
Wenn Kommunen die Infrastruktur für „aktive Mobilität“schafften, werde sie auch genutzt – und der Autoanteil sinke. „In Kopenhagen sagt kaum jemand, dass er wegen der Umwelt oder der Gesundheit Fahrrad fährt – sondern weil es bequem und schnell ist.“
Preise rauf ...
Beide Experten erkennen in der Preisgestaltung des Autoverkehrs einen Effekt. Der einfachste Hebel dafür sind Parkgebühren. Die Kosten für das Straßenparken für Anwohner seien etwa oft „viel zu günstig für den Platz, den man beansprucht“, sagt Verkehrsforscher Fellendorf. „Für alle anderen Verwendungszwecke würde der Preis viel höher sein.“
Perner sieht in Kostensteigerungen vor allem „psychologische Effekte“am Werk: „Wenn ich um sechs Euro entweder mein Auto abstellen oder eine Tageskarte für die Öffis kaufen kann, fällt vielen die Entscheidung für die Öffis leichter.“Den „Rieseneffekt“sieht er in solchen Maßnahmen allerdings nicht, da seien Angebot und Sicherheit wichtiger.
... und Tempo runter
Wie schnell man mit dem Auto unterwegs ist, ist oft Gefühlssache: „In der tatsächlichen Reisezeit ist der Einfluss gering, in der Entscheidung der Verkehrsmittelwahl auf jeden Fall größer“, sagt Fellendorf über Tempolimits. Wer das Gefühl hat, in der Stadt stets „schleichen“zu müssen, wird eher andere Verkehrsmittel wählen – sofern es dort ein gutes Angebot gibt.
Perner erkennt in strengeren Tempolimits vor allem eine Möglichkeit, die Sicherheit für alle anderen Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.
Grundvoraussetzung für all das ist freilich eine politische Entscheidung, den Autoverkehr in der Stadt zu reduzieren. Auch dann müssen alternative Angebote so gut ausgebaut sein, dass die Entscheidung gegen das Auto auch tatsächlich möglich ist. Beides ist weder einfach noch schnell umzusetzen.