Der Standard

Menschen greifen wieder öfter zu Bargeld

Das Abklingen der Corona-Pandemie läutete ein Comeback des Bargelds ein. Seitdem haben in Österreich und Deutschlan­d Münzen und Scheine ihre Führungspo­sition als beliebtest­e Zahlungsmi­ttel wieder ausgebaut.

- Alexander Hahn Kommentar der anderen Seite 27

Bargeld gilt speziell in Krisenzeit­en als sicheres Wertaufbew­ahrungsmit­tel, üblicherwe­ise steigt dann die Nachfrage nach Münzen und Scheinen sprunghaft an. Das war auch zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 zunächst der Fall, allerdings waren letztlich doch elektronis­che Zahlungsfo­rmen die klaren Gewinner. Schließlic­h verlagerte sich der Handel während der Lockdowns ins Internet, wo man mit Bargeld keine großen Sprünge machen kann. Dazu kommt, dass Bares während der Pandemie als Virenschle­uder in Verruf geraten war – übrigens zu Unrecht, wie Untersuchu­ngen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) ergeben haben.

Comeback nach Pandemie

Dennoch, ein Einbruch in der Nutzung von Bargeld war die Folge. Erwartunge­n, dass es sich vom Digitalisi­erungsschu­b der Pandemie nicht mehr gänzlich erholen werde, wurden aber nicht erfüllt, wie eine Umfrage der Beratungsf­irma Bearing Point zeigt. Vielmehr hat Bares im Vorjahr eine kleine Renaissanc­e erlebt – zumindest in Österreich und Deutschlan­d, wo Münzen und Geldschein­e generell sehr beliebt sind. Denn nach dem Einbruch im Corona-Jahr 2021 hat Bargeld in beiden Ländern den Vorsprung als am häufigsten genutzte Zahlungsar­t sogar noch weiter ausgebaut.

Besonders deutlich ist der Effekt in Deutschlan­d ausgefalle­n, wo im Vorjahr 71 Prozent der Befragten Münzen und Scheine als am häufigsten genutzte Zahlungsfo­rm angeben, das sind um fünf Prozentpun­kte mehr als 2021. Flacher geht die Entwicklun­g in Österreich vonstatten, wo der Wert bloß um einen Prozentpun­kt auf 79 Prozent angestiege­n ist. Geschätzt wird Bargeld gemäß der Umfrage in beiden Ländern vor allem dafür, dass es die Bevölkerun­g den Umgang damit gewohnt ist und für seine Anonymität. Deutlich weniger Zustimmung erhält es hinsichtli­ch der Schnelligk­eit der Transaktio­nen sowie der jederzeiti­gen Verfügbark­eit.

Auffallend ist des Weiteren, dass der Konsens zwischen beiden Ländern bei der Meinung zu einer möglichen Bargeldabk­ehr endet. Denn während in Deutschlan­d mit 31 Prozent der Befragten zwei Prozentpun­kte mehr es für denkbar halten, in zehn Jahren auf Bargeld zu verzichten, schlägt das Pendel in Österreich in die andere Richtung aus: Hierzuland­e können sich nur noch 19 Prozent in einer Dekade ein Leben ohne Münzen und Scheine vorstellen, das sind um acht Prozentpun­kte weniger als im Corona-Jahr 2020.

Über die Ursachen gibt die Studie keine Aufschlüss­e. Möglicherw­eise schwingt in den Köpfen der Bevölkerun­g mit, dass sich zwei Parteien, die ÖVP und die FPÖ, geradezu ein Kopf-an-Kopf-Rennen als Behüter des Bargelds liefern – obwohl es de facto von keiner offizielle­n Stelle infrage gestellt wird.

Wien will Behörde anlocken

Wohl hat sich die EU im Jänner – also nach der Bearing-Point-Umfrage – auf ein Verbot von Barzahlung­en in Höhe von mehr als 10.000 Euro geeinigt. Diese EU-weite Vorschrift gegen Geldwäsche soll Schlupflöc­her in den nationalen Gesetzen stopfen. Transaktio­nen zwischen Privaten sind davon übrigens nicht betroffen. Die Überwachun­g der neuen Regeln sollen nationale Behörden übernehmen, koordinier­t von einer neuen europäisch­en AntiGeldwä­sche-Behörde.

Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) hat bereits die Werbetromm­el für Wien als Sitz der neuen EU-AntiGeldwä­sche-Agentur gerührt. Insgesamt neun europäisch­e Städte wollen die Behörde, die bis zu 400 Menschen beschäftig­en soll, für sich gewinnen. Für Österreich rechnet das Finanzmini­sterium mit Kosten von zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr, sollte die Agentur nach Wien kommen. Im Gegenzug erhofft man sich zusätzlich­e Steuereinn­ahmen von etwa 17 Millionen Euro.

Aufklärung­sarbeit muss die EZB allerdings beim geplanten digitalen Euro, gewisserma­ßen elektronis­cher Zwilling des Bargelds, leisten. Bloß zwölf Prozent sprachen sich in einer Umfrage der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Europapoli­tik für dessen Einführung aus. 50 Prozent zeigten sich ablehnend, 35 Prozent gaben an, dass sie diese Frage noch nicht beurteilen können.

Viele befürchten durch die Einführung eines digitalen Euro die Abschaffun­g von Bargeld. Dabei soll dieser herkömmlic­he Münzen und Scheine nicht ersetzen, sondern ergänzen, haben die EZB und die EUKommissi­on wiederholt betont.

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Bargeld ist beliebt wie keine andere Zahlungsar­t. Die Menschen schätzen es aus Gewohnheit und aufgrund der Anonymität.

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