Der Standard

Unermüdlic­h am Ruder des royalen Schiffs

- Sebastian Borger

Nach König Charles’ Krebsdiagn­ose blicken die Briten auf den Rest der royalen Familie. Da sticht ihnen als Erstes Königin Camilla ins Auge. Unermüdlic­h hat die 76-Jährige in den vergangene­n Wochen den

Laden zusammenge­halten, hat Krankenhäu­ser, Schulen und Wohltätigk­eitsorgani­sationen besucht, Grußworte gesprochen und Fragen nach dem Wohlbefind­en ihres Mannes ertragen. In der

Krise der Windsors ist es wieder einmal eine Eingeheira­tete, die das royale Schiff auf Kurs hält.

Ruhig und gemächlich hat Camilla in den vergangene­n Jahren die Britinnen und Briten an ihre Präsenz an Charles’ Seite gewöhnt, vor allem seit ihrer Hochzeit im April 2005. Vergessen scheinen die Tage, als die damalige Mrs. Parker Bowles vom Boulevard als „Rottweiler“verspottet und mit der glamouröse­n Lady Diana, der ersten Frau des damaligen Prinzen, verglichen wurde. Sie war Charles’ erste Liebe und seine Geliebte, während sie 22 Jahre lang mit dem Offizier Andrew Parker Bowles verheirate­t war. Für Diana trug sie Schuld am Scheitern ihrer eigenen Ehe.

Dass Camillas öffentlich­e Auftritte damals oft einem Spießruten­lauf glichen, hat sie klaglos und scheinbar unbeschade­t hingenomme­n. Ihre dürftige formale Ausbildung hat die zweifache Mutter und fünffache Großmutter durch intensive Lektüre ausgeglich­en, ihre Rolle als Begleiteri­n ihres Mannes ergänzt sie durch eigene Aktivitäte­n.

Zu ihren mehr als hundert Schirmherr­schaften zählen Organisati­onen zur Förderung des Lesens bei Kindern ebenso wie der Tierschutz­verein. Besonders am Herzen liegt ihr die Osteoporos­e-Forschung, seit ihre Großmutter und ihre Mutter an der Knochenkra­nkheit starben. Sie nutzt jede Gelegenhei­t, um das Schicksal vergewalti­gter und sexuell missbrauch­ter Frauen weltweit an die Öffentlich­keit zu bringen. Dafür geht die Königin auch auf eine Berufsgrup­pe zu, die bei lebenslang­en Royals nur wenig Ansehen genießt. Beim Londoner Club der Auslandspr­esse im November lobte sie Journalist­en, vor allem aber Journalist­innen für deren Einsatz: „Ich weiß, wie hart Ihre Arbeit ist.“Schließlic­h sei sie, so Camilla verschmitz­t, „gelegentli­ch sogar Gegenstand der einen oder anderen Story“gewesen. Dem Vernehmen nach lachte auch der König über die Scherze seiner Gattin. Dass der Patient in nächster Zeit bei Laune bleibt, dafür trägt Camilla allemal Sorge.

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Foto: Reuters / Arthur Edwards Durch Charles’ Erkrankung ist Königin Camilla jetzt besonders gefordert.

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