Der Standard

Politisch unkorrekte­s Faschingsk­ostüm

-

Europa-Korrespond­ent Thomas Mayer ist nicht nur pro politisch unkorrekte Kostüme. Er sieht sie sogar als Pflicht. Online-„Chefin vom Dienst“Birgit Riegler wünscht sich mehr Kreativitä­t bei der Kostümwahl. Sogar Mais inspiriert sie.

Thomas Mayer

ugegeben: Nicht jede Verkleidun­g im Fasching ist gelungen. Man kann es krass übertreibe­n. So wie Prinz Harry. Er erschien vor Jahren bei einer Party in London in Naziunifor­m. Shocking! In Österreich hätte er sich damit strafbar gemacht. NS-Verbotsges­etz. Bei den Briten sorgte der schräge Humor des jungen Royals nur für hämische Kommentare. Er habe Konvention­en wohl mit der Brechstang­e beseitigen wollen. Da ist was dran. Närrische Events gibt es, damit Menschen kurz aus ihrem Normaloleb­en austreten können, Rollen tauschen, feiern, sich austoben, singen, tanzen, kräftig essen und trinken. In katholisch­en Ländern wird vor der Fastenzeit noch einmal auf den Putz gehaut. Die Tradition, die Ordnung aufzuheben, gibt es seit der Antike. Beim Saturnalie­nfest in der Römerzeit spielten Sklaven die Herren – und umgekehrt. Im Kölner Karneval regieren Prinz und Prinzessin, orchestrie­ren Spott und Hohn für die Mächtigen. Unkorrekt zu sein ist Pflicht. Der Drang, ausgerechn­et im Fasching auf politische Correctnes­s zu pochen, wäre geradezu närrisch. Und fad.

Birgit Riegler

n den 80ern gingen wir im Fasching als Indianermä­dchen, „Zigeuner“, Mexikaner. Heute ist das verpönt. Weil politisch unkorrekt. Ich finde es tatsächlic­h befremdlic­h, wenn das Kostüm einfach nur eine andere Ethnie oder Minderheit ist. Außerdem ist es langweilig. Wo bleibt die Fantasie? Mein Sohn wollte letztes Jahr als Maiskolben gehen. Das ist mal etwas anderes. Für dieses Jahr könnte man sich noch mehr überlegen. Die Maiskolben­idee ist jedenfalls ausbaufähi­g. Schürze umbinden, Maiskolben in der Hand. Voilà: Veganer Kochlehrli­ng. Steinschle­uder mit Maismuniti­on und grimmiger Gesichtsau­sdruck: Wutbauer. Popcornsac­kerl als Abendhandt­asche und grimmiger Gesichtsau­sdruck: Balenciaga-Model. Mein Sohn hat sich letztes Jahr in letzter Sekunde allerdings doch noch umentschie­den, und es ist Spider-Man geworden. Zugegeben, nicht der Gipfel der Kreativitä­t. Aber gegen den Willen eines Fünfjährig­en kommt man schwer an. Womit auch mein Kostüm klar ist: erschöpfte Mama. Dafür muss ich mich nicht einmal verkleiden, die Augenringe reichen.

 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria