Der Standard

Trump erntet weitere Kritik für Nato-Sager

Russland mit massiven Angriffen in der Ukraine

- Gerald Schubert Kommentar Seite 24

Das lauteste Sorgenkind Europas scheint dieser Tage jenseits des Atlantiks zu sitzen: Auch am Montag wollten die Reaktionen auf die jüngsten Aussagen des ehemaligen US-Präsidente­n Donald Trump, der sich erneut um den Einzug ins Weiße Haus bewirbt, nicht verstummen. Trump hatte die europäisch­en Nato-Partner am Wochenende bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in South Carolina einmal mehr dazu aufgeforde­rt, ihre Verteidigu­ngsausgabe­n zu erhöhen – und zwar mit mehr rhetorisch­em Nachdruck als je zuvor.

Das Thema ist freilich nicht neu, auch frühere US-Präsidente­n hatten die Alliierten dazu gedrängt, die anvisierte Marke von zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s nicht aus den Augen zu verlieren. Mit dem russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine aber ist die Kriegsangs­t nach Europa zurückgeke­hrt.

Russland „ermutigen“

Vor diesem Hintergrun­d wiegt es für die Europäer besonders schwer, dass Trump jene Partner, die aus seiner Sicht zu wenig bezahlen, nicht verteidige­n will und sogar noch eins draufsetzt: Er würde die Russen „ermutigen“, mit solchen Ländern „zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“.

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g hatte bereits am Sonntag erklärt, dass jede Andeutung, dass die Nato-Staaten sich nicht gegenseiti­g verteidige­n würden, die Sicherheit aller Mitglieder untergrabe­n würde. Am Montag kamen dann vor allem aus Deutschlan­d besorgte Reaktionen: Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier sprach von verantwort­ungslosen Äußerungen, die Russland in die Hände spielen würden.

Dennoch sei „völlig klar, dass wir in Europa, auch wir in Deutschlan­d, unseren Teil dazu beitragen müssen, die Verteidigu­ngsanstren­gungen innerhalb der Nato systematis­ch in den nächsten Jahren zu erhöhen“, erklärte Steinmeier. Dies gelte freilich unabhängig vom Ausgang der US-Präsidents­chaftswahl im November.

„Mit allem rechnen“

In dieselbe Kerbe schlugen auch Vertreteri­nnen und Vertreter der Berliner Ampelkoali­tion. Es sei die Aufgabe des Jahrzehnts, Rüstungspr­ojekte in Europa einheitlic­her zu planen und umzusetzen, sagte etwa der grüne Vizekanzle­r und Wirtschaft­sminister Robert Habeck. Besonders laut auf den rhetorisch­en Alarmknopf drückte Michael Roth (SPD), der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag: „Schönreden und Kopf in den Sand sind keine Strategie“, sagte er dem

Tagesspieg­el.

Sollte Trump wieder ins Weiße Haus einziehen, dann sei mit allem zu rechnen, so Roth. „Auch mit dem Schlimmste­n.“In der opposition­ellen CDU sieht man das nicht anders: Europa müsse die Rüstungspr­oduktion massiv hochfahren, fordert etwa Außenpolit­iker Norbert Röttgen in der Bild-Zeitung.

In der Ukraine, wo die Angriffe aus Russland seit knapp zwei Jahren tägliche Realität sind, meldete man auch am Montag wieder intensiven Beschuss. Die Armee habe in der Nacht von 17 anfliegend­en russischen Drohnen 14 abgefangen, dazu einen Marschflug­körper Ch-59. Im Osten des Landes sei die Großstadt Charkiw mit Raketen beschossen worden.

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