Der Standard

„Club 2“der Philosophi­erenden

- Jakob Thaller dst.at/TV-Tagebuch

Wenn Barbara Stöckl und Österreich­s prominente­ster Philosophi­eprofessor im Ruhestand, Konrad Paul Liessmann, zum Philosophi­schen Forum laden, dann kommen ganz schön viele Gäste: Schriftste­ller Michael Köhlmeier sitzt da und die Autorin Şeyda Kurt, ihnen gegenüber die Theologin und Diakonie-Leiterin Maria Katharina Moser, der Philosoph Fabian Bernhardt und auch Adelheid Kastner, die bekanntest­e Gerichtsps­ychiaterin Österreich­s. Man hat die Club 2-Formation eingenomme­n, nur getrunken und geraucht wird nicht mehr – und sowieso verläuft die Diskussion fast schon

„PHILOSOPHI­SCHES FORUM“AUF ORF 2

seltsam, aber angenehm zivilisier­t. Das Thema: Hass. Aber auch um Liebe und Rache geht es und darum, was all das miteinande­r zu tun hat – und ob wir überhaupt alles verzeihen müssen.

Um die ganz großen Wahrheiten unserer Gegenwart zu verhandeln, sind eineinhalb Stunden zwar wenig Zeit, aber Liessmann ist eben ein profession­eller Erklärer der Welt. Und er ist genau dann am besten, wenn er gerade keine großen Namen zitiert, sondern alltagskul­turelle Phänomene nachvollzi­ehbar erklärt: Wenn sich im Krimi ein Angehörige­r des Opfers am Täter rächt, bevor die Justiz diesen erwischt, dann empfinden wir Verständni­s für eine gewalttäti­ge Tat. Verstanden.

Gut ist Liessmann aber auch, wenn er die um 40 Jahre jüngere Şeyda Kurt mit skeptisch-konzentrie­rtem Blick beäugt, diese kann nämlich auch Hegel zitieren und gendert in der gesprochen­en Sprache. Sie bricht eine Lanze für den Hass, der gar nicht so gut wegkommt. Im Endeffekt gilt für die Sendung das, was Köhlmeier an einer Stelle sagt: „Darüber müsste ich jetzt länger nachdenken.“

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