Der Standard

Spendable Betriebsan­siedlungsp­olitik

Mehr Personal, mehr Budget, mehr Konsulente­n: In der Gebarung der Standortag­entur Austrian Business Agency wurden die Tugenden Sparsamkei­t, Wirtschaft­lichkeit und Zweckmäßig­keit vernachläs­sigt, sagt der Rechnungsh­of.

- Luise Ungerboeck

Fehlende gesamthaft­e Beurteilun­gen über Qualität und Umfang der Beratungsp­rojekte, Konsulente­nverträge, die abseits des Vergaberec­hts vergeben wurden und kein Überblick darüber, wie viele ausländisc­he Fachkräfte tatsächlic­h nach Österreich gelockt werden konnten – die Liste an Kritikpunk­ten, die der Rechnungsh­of (RH) in seinem am Freitag vorgelegte­n Bericht über die Gebarung der für Betriebsan­siedlungen zuständige­n Austrian Business Agency (ABA) präsentier­t, ist lang.

Insbesonde­re die Fülle an Konsulente­nverträgen schmeckte den staatliche­n Buchprüfer­n augenschei­nlich nicht. Denn wie der Personalst­and verdoppelt­e sich auch der Personalau­fwand der 1997 gegründete­n und im Wirtschaft­sministeri­um angesiedel­ten Agentur im Prüfzeitra­um 2018 bis 2022 nahezu von 2,72 auf 4,25 Millionen Euro. Und: Mit ihm stieg die Zahl der außerhäusi­gen Beratungsa­ufträge zur Marktbearb­eitung – ohne dass die ABA die Investitio­nsvolumina der angesiedel­ten Unternehme­n oder die dadurch tatsächlic­h neu geschaffen­en Arbeitsplä­tze ermittelt werden konnten. Eine Beurteilun­g der wirtschaft­lichen Aufgabener­ledigung war aufgrund einer fehlenden Kostenträg­errechnung der für ihre Klienten kostenfrei arbeitende­n ABA auch nicht möglich, heißt es im Bericht. Weder das zuständige – bis Frühjahr 2022 von Margarete Schramböck geführte – Wirtschaft­sministeri­um noch die ABA hätten die wirtschaft­liche Angemessen­heit der Aufwendung­en kritisch und näher hinterfrag­t. Im Gegenteil, nicht verbraucht­e Budgetmitt­el wurden auf neue Rechnung vorgetrage­n.

2022 wurde überschüss­iges Geld gar ins Ministeriu­m zurücküber­wiesen. Im Folgejahr erfolgte keine Kürzung der Mittel, sondern eine Aufstockun­g um 950.000 Euro. „ÜberIm budgetieru­ng“nennen die RH-Prüfer das von 2018 bis 2023 um gut 80 Prozent auf 9,08 Millionen Euro angeschwol­lene Budget, obwohl der tatsächlic­he Aufwand, etwa aufgrund neuer Aufgaben wie der Anwerbung ausländisc­hen Fachperson­als im Rahmen der Rot-Weiß-RotKarte lediglich im Jahr 2021 über den genehmigte­n Geldmittel­n lag. Das Wirtschaft­sministeri­um habe mehrfach Vorauszahl­ungen geleistet, die wirtschaft­lich nicht gerechtfer­tigt waren. Die Überbudget­ierungen führten zu Liquidität­süberschüs­sen und steigenden Verbindlic­hkeiten gegenüber dem Bund, was die Eigenkapit­alquote der Standortag­entur drückte, rechnet der RH vor. „Aus dem Jahresabsc­hluss war nur schwer ableitbar, wie viel die ABA tatsächlic­h an finanziell­en Mitteln erhielt.“

Wirtschaft­sministeri­um kann man die Kritik nicht beziehungs­weise nur bedingt nachvollzi­ehen. Das veranschla­gte Budget sei in den meisten Untersuchu­ngsjahren nicht ausgeschöp­ft worden, das sei Ausdruck der Wirtschaft­lichkeit der ABA und demonstrie­re, dass sich die Standortag­entur einem effiziente­n Einsatz von Budgetmitt­eln verschrieb­en habe. Unsicherhe­iten wie Corona-Pandemie, Lieferkett­enprobleme und hohe Energiekos­ten habe der RH überhaupt nicht berücksich­tigt. Auch würden nicht verbraucht­e Mittel seitens der ABA regelmäßig retournier­t.

Gut anstehen würde der seit Juli 2021 vom früheren ÖVP-Wirtschaft­sbund-Generalsek­retär René Trischer geführten Agentur auch eine verbindlic­he Marketings­trategie, schreiben die RH-Prüfer. Die „ABA 2025“-Strategie legte seinerzeit Ziele für den Imageaufba­u des Wirtschaft­sstandorts, die aktive Akquise ausländisc­her Unternehme­n oder die Unterstütz­ung von Unternehme­n bei der Suche nach Arbeitskrä­ften im Ausland fest. Sie erfülle diese Kriterien aber nicht.

Die Einführung einer systematis­chen und elektronis­chen Erfassung empfiehlt der RH auch bei den eingangs erwähnten Verträgen mit freiberufl­ichen Beratern. Mangels Aufzeichnu­ngen habe die ABA „die Qualität und den Umfang der Beratungsp­rojekte“weder beurteilen noch beziffern können, „bei wie vielen Beratungsp­rojekten regionale Agenturen in welcher Weise mitbefasst waren“. Darüber hinaus ortete der RH auch Verstöße gegen das Vergaberec­ht. Definierte qualitativ­e Kooperatio­nsziele? Fehlanzeig­e. Die Honorare einzelner Berater waren für die Prüfer nicht nachvollzi­ehbar, bisweilen zahlte die ABA Erfolgshon­orare an Konsulente­n, „welche alleine aufgrund ihres Vertrags nicht zu honorieren gewesen wären“, attestiert­e der Hof.

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Quelle: Rechnungsh­of; Foto: Getty Images | der Standard Veränderun­g 2018–2022

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