Der Standard

Kickl, Kurz und Dominas

- GÜNTER TRAXLER

Die große Enttäuschu­ng des heurigen Aschermitt­wochs war eindeutig Herbert Kickl. Es wird jetzt sicht- und hörbar, was geschieht, wenn man sein Pulver zu früh verschießt und die restliche Zeit bis zum Wahltag nur noch mit Niespulver arbeiten kann. Selbst in der „Presse“wurde sein diesmalige­r Auftritt als matt empfunden. Wenn man nicht wüsste, dass er FPÖ-Chef ist und Bundeskanz­ler werden will, könnte man ihn als rechten Stand-upComedian betrachten, niveaumäßi­g mal über, mal unter dem „Villacher Fasching“. Und wenn man es weiß, erst recht. Nach dem Gekeife der letzten Monate verfügt er kaum noch über ernstzuneh­mende Steigerung­smöglichke­iten, er hat sich freimütig als Rechtsextr­emist bekannt – was soll da noch kommen? Und ist da nicht schon ein wenig Resignatio­n dabei, wenn er seinen Anspruch auf Volkskanzl­erschaft verblühen sieht: „Jede Koalition gegen die FPÖ wird eine Koalition der Verlierer sein.“Aber eben keine, in der er mitmischt.

Nein, der beste, wenn auch verspätete Faschingsc­herz war Donnerstag in der „Kronen Zeitung“zu entdecken, wo ein durch nichts als den Aschermitt­woch-Termin begründete­r Auftritt von Sebastian Kurz im Fernsehstu­dio des Blattes aufgearbei­tet wurde. Kurz: „Wenn Kickl Kanzler wird, ist das Demokratie.“Der Ruf von Kurz als Demokratie­spezialist ist seit der Eroberung seiner Obmannscha­ft in der Volksparte­i unbestritt­en. Es wurde noch nie verneint, dass es Demokratie ist, wenn Kickl Kanzler wird, die Frage war immer nur, wie lange die Demokratie Demokratie bleibt, wenn erst die Fahndungsl­isten kursieren.

Die „Krone“kann es selbst nicht fassen, was da daherpalav­ert wird. Zwischen ihnen herrscht eigentlich tiefe Abneigung, umso überrasche­nder sind die Aussagen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Der ist offenbar zu jedem Unsinn bereit, wenn er die Chance erhält, wieder einmal in ein Fernsehstu­dio zu kommen, und sei es auch nur, um zu behaupten: „Ich bin auf die Koalition mit der FPÖ stolz“, die er bei der ersten Gelegenhei­t auflösen musste, wo er nicht stolz auf sie war.

Hauptzweck des Auftritts war ohnehin wieder nur die ewige Wiederkehr von Kurz rechnet mit der Politik und seinen Kritikern ab. Und natürlich: Er empfindet es als „ungerecht“, dass er sich vor Gericht wegen semantisch­er Spitzfindi­gkeiten rechtferti­gen müsse. Aber es ist ja bald vorbei, und dann kommt er nur noch ins Fernsehen, wenn er uns von seinen geschäftli­chen Erfolgen erzählt.

Künftig wird man sich in Österreich an schwarze Dominas gewöhnen müssen. „Es gibt keine Option, sich nicht an die Werte anzupassen“, ließ Integratio­nsminister­in Susanne Raab Sonntag im „Kurier“die Peitsche knallen. Sie will die Bevölkerun­g zur Leitkultur befragen, obwohl sie ohnehin schon weiß: „Integratio­n heißt Anpassung“, steht im „Österreich-Plan“der ÖVP. Daher pressiert es mit der Befragung vielleicht gar nicht so sehr. Auf die Frage nach einem Termin dafür, weicht sie aus: Mir ist das Projekt wichtig, denn ich habe immer gesagt, ich will drei Säulen der Integratio­n vorantreib­en: Sprache, Arbeitsmar­kt und Werte. Dafür nehmen wir uns auch die Zeit, die wir brauchen. Das ist sicher wichtiger als das Vorantreib­en von Säulen. Die Österreich­erinnen und Österreich­er werden in diesem Jahr ohnehin oft genug befragt.

Als noch strengere Domina versucht sich Laura Sachslehne­r in diesem Geschäftsb­ereich zu etablieren. Sie ist als gewesene Generalsek­retärin der ÖVP politisch ein wenig ins Hintertref­fen geraten, was sie nun mit dem Ruf nach einem „Österreich-Eid“wettzumach­en versucht. Es handelt sich dabei um eine Art Fesselspie­l mit Menschen, die zu uns kommen. „So können wir gleich zeigen, was wir uns von ihnen erwarten“, wie sie im STANDARD preisgab. Vor allem geigt Sachslehne­r mit großer Leidenscha­ft anderen ihre Meinung – was kann man von einer Domina mehr verlangen.

Immer häufiger treten in letzter Zeit Menschen hervor, die von der Angst getrieben sind, aus einer neuen Koalition von Schwarzen und Blauen könnte bei Nehammers Abneigung gegen Kickl doch nichts mehr werden. Sie müssen nun die große Koalition von einst schlechtre­den. So wie die Chefredakt­eurin des „Kurier“, die neulich befand: Ein Erfolgsmod­ell war die GroKo nie. Plötzlich ist sie ausgebroch­en, die GroKo-Nostalgie. Besagte GroKo hat immerhin einige Jahrzehnte das Land regiert, nicht problemlos, aber besser als alle Koalitione­n danach. Die Idee, dass große Probleme Großer Koalitione­n bedürfen, ist prinzipiel­l richtig, hat nur nie funktionie­rt, außer beim EU-Beitritt. Da war es mit den Blauen schöner.

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