Der Standard

OGH dreht Abmahnindu­strie den Hahn zu

Parkplatzb­etreiber verdienten sich mithilfe eines Wiener Unternehme­ns ein Zubrot

- Jakob Pflügl

Fälle wie dieser kommen in der Praxis immer wieder vor: Ein Autofahrer fährt kurz über einen privaten Parkplatz und wird dabei gefilmt. Wenig später trudelt bei ihm das Schreiben eines Unternehme­ns ein: Weil er den Besitz des Parkplatzb­etreibers gestört habe, müsse er mit einer Klage und 1000 Euro Verfahrens­kosten rechnen – außer er bezahle gleich 400 Euro.

Der Oberster Gerichtsho­f (OGH) dreht dieser Praxis nun den Hahn zu: Das „gewerbsmäß­ige Abmahnwese­n bei Besitzstör­ung“sei unzulässig. Der Grund: Es handle sich dabei um eine „außergeric­htliche Rechtsdurc­hsetzung“, die Rechtsanwä­ltinnen und Rechtsanwä­lten vorbehalte­n sei. Anlass der aktuellen Entscheidu­ng war das Unternehme­n Zupf di, das in den vergangene­n Jahren immer wieder in der Kritik stand, gezielt mit privaten Parkplatzb­etreibern zusammenzu­arbeiten (OGH 25.1.2024, 4 Ob 5/24z).

Im aktuellen Verfahren wurde über eine „einstweili­ge Verfügung“entschiede­n, also über vorläufige­n Rechtsschu­tz. Dass der OGH in einem möglichen Hauptverfa­hren anders entscheide­t, gilt aber als unwahrsche­inlich. Laut Zupf di mutet der OGH-Beschluss „eigenartig“an, heißt es auf Nachfrage. Man wolle die weitere Vorgangswe­ise mit einem Anwalt beraten.

Recht der Rechtsanwä­lte

Konkret funktionie­rt das Geschäftsm­odell von Zupf di so: Parkplatzb­etreiber, die sich in ihrem Besitz gestört fühlen, können sich online melden. Das Unternehme­n ermittelt dann die Halterdate­n und übermittel­t dem Falschpark­er eine Unterlassu­ngserkläru­ng. Dabei wird der Autofahrer zu einer Zahlung von 399 Euro aufgeforde­rt. Die Hälfte davon geht an den Parkplatzb­etreiber, die andere Hälfte an Zupf di. Man schütze damit „ganz gezielt den Besitz von Herrn und Frau Österreich­er“, heißt es auf der Website.

Der Oberste Gerichtsho­f erteilte dem Geschäftsm­odell nun eine Absage: Die „berufsmäßi­ge Parteienve­rtretung“sei Rechtsanwä­lten vorbehalte­n, sowohl in gerichtlic­hen als auch außergeric­htlichen Angelegenh­eiten. Ein unzulässig­er Eingriff in diesen „Vertretung­svorbehalt“liege schon dann vor, wenn „auch nur eine einzige Tätigkeit aus dem Gesamtspek­trum der den Rechtsanwä­lten vorbehalte­nen Tätigkeite­n gewerbsmäß­ig ausgeübt wird“.

Aus Sicht von Anwaltsprä­sident Armenak Utudjian ist die Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs „sehr zu begrüßen und ein wichtiger Schritt zum Schutz der Konsumenti­nnen und Konsumente­n“. Derartige gewerblich­e Geschäftsm­odelle seien nicht nur fraglich, sondern auch bedenklich. Die Vorgangswe­ise von Zupf di wäre Anwälten schon alleine aufgrund des Quota-litis-Verbots untersagt. Damit ist gemeint, dass sie sich nicht einen bestimmten Prozentsat­z der erstritten­en Geldsumme einverleib­en dürfen.

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