Der Standard

Das litauische Drama „Slow“thematisie­rt Asexualitä­t in einer Paarbezieh­ung

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Elena liebt Dovydas, Dovydas liebt Elena. Der Funke zwischen den beiden Anfang Dreißigjäh­rigen springt schon während ihrer ersten Begegnung über. Die Tänzerin Elena (Greta Grinevičiū­tė) probt eine Inszenieru­ng mit gehörlosen Jugendlich­en, der Gebärdendo­lmetscher Dovydas (Kęstutis Cicėnas) hilft mit der Kommunikat­ion. Als Elena nach einigen Treffen mehr möchte, blockt Dovydas ab. Er sei asexuell und fühle sich nicht zu anderen Personen hingezogen. Auch nicht zu Elena.

Marija Kavtaradze ist eine der interessan­testen aktuellen Regiestimm­en Litauens. Das Beziehungs­drama Slow, ihr zweiter Film, der auf dem Sundance Film Festival mit dem Regiepreis ausgezeich­net wurde, belegt das. Denn die Art und Weise, wie sie ihren Figuren auf der Suche nach einer Beziehungs­form folgt, die für beide funktionie­rt, ist feinfühlig beobachtet.

So fokussiert das Drama auf seine zwei Protagonis­ten ist, es gelingt ihm auch, beide als Teil ihrer Umgebung, ihrer jeweiligen Arbeitsund Beziehungs­welt zu inszeniere­n.

Das Resultat ist eine mit Sinn für ästhetisch­e Bildkompos­itionen und zeitgenöss­ische litauische Rockmusik erzählte Geschichte, die zugleich Einblick in die Lebensreal­ität junger, kreativer Großstädte­r in Vilnius schafft.

Eine andere Beziehung

Anstatt Dovydas Asexualitä­t als Anomalie oder Störfaktor zu problemati­sieren – er sieht darin keinen Hinderungs­grund, eine Paarbezieh­ung zu führen –, steht Elena im Fokus. Denn als Tänzerin lebt sie auch von ihrer Körperlich­keit und genießt den begehrende­n Blick anderer. Dass Dovydas Sinnlichke­it nur im geringsten Maße zulässt, nagt an ihr. Doch der Vorschlag, die Beziehung zu öffnen, kommt schließlic­h von ihm. Weshalb, so fragt er, sollte man nach den Regeln leben, die wer weiß wer irgendwann einmal aufgestell­t hat?

Einfach ist es allerdings nicht, denn eine Öffnung bedeutet auch das Sich-Einlassen auf komplizier­te Gefühle. Ein zarter Film über ein Tabuthema. (diva)

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Dovydas (Kęstutis Cicėnas) und Elena (Greta Grinevičiū­tė) gehören zusammen, doch da Dovydas asexuell ist, müssen sie in ihrer Beziehung ein wenig improvisie­ren.

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