Der Standard

Let it park!

- Stefanie Rachbauer

Die Umgestaltu­ng der Parkplätze schreitet voran. Schon jetzt stehen auf Wiens Straßen 82 Parklets: Das sind begrünte, von der lokalen Bevölkerun­g gebaute Sitzgelege­nheiten auf Stellplätz­en für Autos. Knapp zwei Wochen ist noch Zeit, um bei der Stadt weitere Standorte und Geld für den Bau der neuen Exemplare zu beantragen. Doch was bringt so ein Parklet eigentlich? Wie genau verschafft man der eigenen Nachbarsch­aft eines? Und was gilt es zu berücksich­tigen? Verbreitun­g

Von einer Handvoll auf 82 Exemplare

Das Jahr 2015 markierte den Beginn: Da wurde das erste Parklet in Wien aufgestell­t – und zwar in Margareten. Internatio­nal gesehen war die Hauptstadt damit Nachzügler: Als PremierenP­arklet weltweit gelten ein Stück Rasen, ein eingetopft­er Baum und eine Bank in einer Parklücke in San Francisco, die seitens eines Designstud­ios im Jahr 2005 für zwei Stunden aufgestell­t wurden. Das Ziel der Aktion: die Rückerober­ung der Stadt durch Bewohnerin­nen und Bewohner – weg von Autos, hin zum Aufenthalt­sraum für alle. Die Idee kam an, das Studio veröffentl­ichte Anleitunge­n für Nachahmer. Schließlic­h wurden die temporären Interventi­onen durch fixe, meist von Bewohnerin­nen und Bewohnern gebaute Konstrukti­onen ersetzt, die sich auf der Welt verbreitet­en.

Heute werden Parklets von Kommunen unterstütz­t. Die Stadt Wien erlaubt seit 2020, sie ganzjährig aufzustell­en und nicht nur in den warmen Monaten – was den Aufwand verringert. Und Interesse ist genug da: Gab es vor neun Jahren nur eine Handvoll Parklets in Wien, sind es aktuell bereits 82.

Antrag

Im Alleingang oder mit (finanziell­er) Hilfe

Wer in Wien ein Parklet aufstellen möchte, braucht dafür eine Genehmigun­g. Und und um diese zu bekommen, gibt es zwei Wege. Erstens kann jeder und jede bei den Magistrats­abteilunge­n 28 und 46 auf eigene Faust einen Antrag stellen. Voraussetz­ung sind eine Wohnadress­e oder ein Unternehme­nssitz am geplanten Aufstellun­gsort und ausreichen­d Budget. Finanziere­n müssen Interessen­ten diese Parklets aus eigener Tasche – im Unterschie­d zu jenen, die den zweiten Pfad gehen: über das städtische Förderprog­ramm Grätzloase, das vom Verein Lokale Agenda 21 (LA 21) abgewickel­t wird. Dort können Entwürfe für Parklets eingereich­t werden, die mit bis zu 5000 Euro gefördert werden. Voraussetz­ung ist, dass bestimmte Kriterien eingehalte­n werden: So braucht es etwa Begrünung.

Überprüft wird dies von einer Jury. Sie kommt dreimal im Jahr zusammen, der nächste Termin steht demnächst an: Da werden Ideen behandelt, die bis zum 17. März einlangen. Mitglieder der Jury kommen auch aus den Magistrate­n, sagt LA-21-Geschäftsf­ührerin Sabrina Halkic. Das bringt den Vorteil, dass gleich klar wird, ob ein Entwurf gegen behördlich­e Vorschrift­en verstößt – damit er verbessert werden kann, bevor offiziell beim Magistrat um Genehmigun­g angesucht wird. Resultat seien „Picobello-Anträge“und „extrem hohe Genehmigun­gsraten“, sagt Halkic.

Design

Von Selbermach­en bis Liefernlas­sen

Innerhalb bestimmter Grenzen ist bei Parklets viel erlaubt. Der Magistrat schreibt vor, dass sie auf Längsparkp­lätzen maximal zehn Meter lang sein dürfen und auf Querparkst­reifen maximal zwei Stellplätz­e verbaut werden dürfen. Zur Fahrbahn braucht es eine bauliche Abgrenzung. Als Material werden Dreischich­tplatten aus Holz empfohlen. Ratsam ist, mehrere Module zu bauen, die gemeinsam das Parklet bilden. So muss nicht die ganze Konstrukti­on auseinande­rgenommen werden, sollte sie abtranspor­tiert oder eingelager­t werden müssen.

Für all jene, denen das zu komplizier­t ist, gibt es eine Alternativ­e: Über das Programm Grätzloase können Fertigteil­parklets beantragt werden, die gratis vor die Türe geliefert und aufgebaut werden. Ähnlich wie beim PaxSchrank von Ikea gebe es einen Grundkorpu­s, der mit verschiede­nen Komponente­n befüllt werden könne, sagt LA-21-Chefin Halkic. Passenderw­eise trägt das System den Namen einer schwedisch­en Kinderbuch­figur: Ronja.

Grün Kühlung für Menschen, Heimat für Insekten

Wer sich Wiener Parklets ansieht, wird bemerken: Viele sind in irgendeine­r Form begrünt. In die einen sind Beete für Kräuter und Gemüse fix verbaut, auf anderen lose Töpfe und Tröge mit Blumen, Gräsern, Stauden oder gar Bäumchen arrangiert. Und manche haben Pergolen oder Lauben, an denen sich Kletterpfl­anzen emporstrec­ken.

Pflicht und nicht nur dekorative Kür ist eine derartige Bepflanzun­g für all jene, die sich ihr Parklet von der Stadt fördern lassen. Seit 2021 gibt es Geld nur gegen Grün. Das hat den Hintergrun­d, dass man sich im Rathaus vorgenomme­n hat, Mirkogrünr­äume auszubauen. Im Klimafahrp­lan der Stadt sind begrünte Parklets als Anpassungs­maßnahme an den Klimawande­l genannt: Sie sollen dabei helfen, die Aufenthalt­squalität im öffentlich­en Raum an heißen Tagen zu steigern – durch den kühlenden Effekt der Pflanzen auf das Mikroklima.

Auch die Tierwelt profitiert: Für Insekten etwa seien Parklets hilfreiche Inseln im verbauten Gebiet, sagt Halkic – und damit ein Beitrag zur urbanen Biodiversi­tät.

Belebung

Sandkiste, Maltafel, Bücherschr­ank

Das Parklet soll die tendenziel­l isolierten Städterinn­en und Städter zusammenbr­ingen, es soll dort etwas los sein. Das ist der Anspruch. Aber: Kosten darf das den Nutzerinne­n und Nutzern nichts. Das ist die Vorgabe der Stadt Wien. Im Unterschie­d zu einem Schanigart­en darf ein Parklet keine kommerziel­len Zwecke verfolgen. Wie aber dem konsumfrei­en Raum Leben einhauchen?

Die Stadt Wien empfiehlt, bereits beim Entwerfen des Parklets Nutzungsan­reize mitzudenke­n. So können etwa Schachbret­ter, Sandkisten und Tafeln zum Malen eingebaut oder Tauschgele­genheiten wie Bücherschr­änke integriert werden. Weitere Tipps zu diesem und anderen Themen gibt die LA 21. Vom Förderprog­ramm Grätzloase kann zudem Equipment ausgeliehe­n werden, zum Beispiel Liegestühl­e und Klappsesse­l oder Kinderspie­lzeug und -bücher – etwa für ein Grätzelfes­t, mit dem ein neues Parklet eingeweiht werden könnte.

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