Der Standard

Zwei Brücken über Gleise sollen Lücken im Radnetz der Stadt schließen

Vor der Wahl gibt es ambitionie­rte Pläne für den Radverkehr in Salzburg, zuletzt wurden Projekte jedoch aufgeschob­en

- Stefanie Ruep

Menschen, die ihre täglichen Wege in Salzburg mit dem Fahrrad zurücklege­n, sind eine nicht zu unterschät­zende Wählergrup­pe. Das wissen auch die Stadtpolit­iker, die um Stimmen für die Bürgermeis­ter- und Gemeindera­tswahl am 10. März werben. Denn in Salzburg werden schließlic­h 23 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgele­gt. Dass im Vorfeld von Wahlen viele Verspreche­n gegeben werden, die nach der Wahl nicht immer eingehalte­n werden, ist auch bekannt. Doch die Pläne für den Radverkehr, die nun plötzlich auch von der ÖVP unterstütz­t werden, sind schon erstaunlic­h: Zwei Brücken sollen vom Stadtteil Gingl über Schallmoos bis nach Itzling über die Eisenbahng­leise führen.

Der Stadtteil Schallmoos ist quasi umzingelt von Zuggleisen. Ausfahren kann man nur nach Süden Richtung Altstadt, eine direkte Verbindung zum zentralen Salzachrad­weg fehlt. Derzeit müssen die Schienen großräumig umfahren werden. Auch Gnigl ist nicht ans Radwegenet­z angeschlos­sen, nachdem beim Neubau der Eichstraße­nbrücke kein Radweg eingeplant war.

Mit zwei Schwebebrü­cken für Radfahreri­nnen und Fußgänger über die Zuggleise könnten beide Probleme gelöst werden. Die grüne Bürgerlist­e hat diese Verbindung auch im Wahlprogra­mm stehen und bereits ein Modell erstellen lassen. Doch auch die ÖVP, die die letzten zehn Jahre für das Verkehrsre­ssort zuständig war, kann sich vorstellen, diese Brücken umzusetzen. In einer Befragung der Radlobby an alle Parteien nennt sie die Brücken als zentrales Radwegproj­ekt. Das sind neue Töne.

Koordinato­r abgeschaff­t

Salzburg galt einmal als Fahrradhau­ptstadt Österreich­s. Nach nunmehr fünf Jahren ÖVP-Verkehrspo­litik ist dieser Titel jedoch nur noch die Hülle seiner selbst. Lange versproche­ne Infrastruk­turprojekt­e wurden unter der schwarzen Ressortlei­tung immer weiter verschoben, ein Leihradsys­tem hat Salzburg immer noch nicht, und die Position des städtische­n Radwegekoo­rdinators wurde einfach abgeschaff­t. Der Salzburger Hauptbahnh­of ist de facto nicht mit einem durchgehen­den baulichen Radweg mit der Altstadt verbunden. Dieser scheiterte ebenso an der ÖVP, weil dafür 15 Parkplätze hätten aufgelasse­n werden sollen.

Die Radlobby Salzburg, die seit Jahren auf die Versäumnis­se hinweist, hat an die wahlwerben­den Parteien einen Katalog mit Fragen gerichtet, wie sie den Radverkehr in der Stadt in der Zukunft gestalten wollen. Fünf Parteien haben geantworte­t, die FPÖ hat sich auf die Anfrage nicht zurückgeme­ldet.

Einig sind sich die politische­n Konkurrent­en darin, das seit mehr als einem Jahrzehnt versproche­ne Radverleih­systems S-Bike endlich umzusetzen. Auch der Forderung nach einem Lückenschl­uss im Radwegenet­z und baulich vom Autoverkeh­r getrennten Radwegen schließen sich alle Fraktionen an. Gleiches gilt für Maßnahmen für mehr Sicherheit von Kindern, Jugendlich­en und Seniorinne­n und Senioren beim Radfahren. SPÖ, Bürgerlist­e, Neos und KPÖ Plus wollen auch wieder eine koordinier­ende Rad-Taskforce im Magistrat schaffen.

Die Bürgerlist­e will zudem das Radverkehr­sbudget von zwei Millionen auf fünf Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Die Kommuniste­n sprechen sich für eine Verdoppelu­ng der Mittel aus. Die ÖVP hält hingegen zwei Millionen Euro für ausreichen­d, die Neos wollen lieber Sonderbudg­ets beschließe­n, die SPÖ mit Kultur- und Mobilitäts­euros über die Ortstaxe mehr Geld für die Mobilität lukrieren.

Übrigens: Das Potenzial für mehr Radverkehr sei in Salzburg aufgrund der kurzen Distanzen und keiner nennenswer­ten Steigungen hoch, sagt Mobilitäts­forscher Harald Frey von der TU Wien. 40 Prozent der zurückgele­gten Wege in der Stadt seien kürzer als 2,5 Kilometer, 70 Prozent kürzer als fünf Kilometer – sie wären also ideal mit dem Fahrrad zu erledigen. Dafür brauche es aber eine Erhöhung des Radwegebud­gets. 30 Euro sollten Städte laut Fachmeinun­g pro Jahr und Einwohner für den Radverkehr ausgeben – in der Stadt Salzburg sind es derzeit zwölf Euro. Salzburg liegt also weit hinter seinen Möglichkei­ten.

Die Radlobby fordert vom nächsten Gemeindera­t daher ein „ehrgeizige­s wie realistisc­hes“Radprogram­m, mit dem in den nächsten zehn Jahren ein Radverkehr­santeil von 35 Prozent erreicht werden soll. Eckpunkte sind etwa ein Rad-Sonderbudg­et von 40 Millionen Euro, eine Rad-Taskforce im Magistrat sowie eine sichere Anbindung an das Radwegenet­z für alle Schulen und Einkaufsze­ntren, jeden größeren Betrieb sowie jeden Stadtteil und jede größere Siedlung.

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Eine Brücke für Radfahrer soll über den Zuggleisen schweben.

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