Der Standard

Endlich Schularbei­t!

Einer maturiert gerade, die anderen zwei haben es knapp hinter sich – und gemeinsam machen die drei Gastroschü­ler ein bemerkensw­ertes Lokal.

- Text: Severin Corti Fotos: Gerhard Wasserbaue­r

Elie und Luca konnten sich vergangene­s Jahr schon für zwei Monate beim New Yorker Gastronomi­egott Jean-Georges Vongericht­en ein Praktikum hinter die Rippen packen, David hat seine Barkeeper-Skills derweil in der Roten Bar und im Adlerhof verbessert. Dass Elies Vater Pierre Reboul, seit Jahren Entwicklun­gsbäcker bei Ströck, einst als Patissier bei Vongericht­en diente, erklärt vielleicht Ersteres – nicht aber, dass die jungen Buben es so bewunderns­wert eilig haben, ihre Fähigkeite­n in den rauen Stürmen der freien Wirtschaft zurechtsch­leifen zu lassen.

Elie Reboul maturiert heuer (!) am Modul, Luca Presser und David Rotmanov haben es bereits hinter sich. Wie bitte? Da kriegen wir Boomer uns gar nicht mehr ein, wie verlottert die Arbeitsmor­al unserer Jungen nicht sei – und dann kommen drei Schüler und machen ein Lokal auf, das in vielerlei Hinsicht richtig großartig ist? Also, fast: Das Loup Garou in der Zieglergas­se, zuvor von Gilles Reuter, Sommelière Sarah Weissteine­r und Koch Jakob Bergholtz zur Szene-Adresse erster Ordnung geformt, ist gerade verkauft worden. Doch der neue Eigentümer lässt sich Zeit, deshalb dürfen die Buben dort bis Ende August ihr Lokal machen.

So ernsthafte Zugänge wie hier würden manch profession­ell geführten Lokalen der Stadt gut anstehen. Es gibt aufwendige Cocktails der klug verspielte­n Art, es gibt eine seriöse, von Reboul jun. („Jungsommel­ier-Ausbildung“) kompetent kommunizie­rte Auswahl präziser Naturweine – und es gibt Essen aus der Miniküche,

dass einem die Ohren schlackern. Kommt nicht von irgendwo: Die drei haben in den vergangene­n Monaten schon mit „Restaurant-Take-overs“(Gastro-Glibberish für Gastabende) von sich reden gemacht, im Fine-Dining-Tempel Stadler & Thomas etwa, aber auch im Café Azzurro – und das ist neben dem Centrala die aktuell wohl heißeste Adresse der Stadt.

In Pankobröse­ln herausgeba­ckene Oliven zum Beispiel, sehr knusprig, innen saftig, würzig, sind kleine Geschmacks- und Konsistenz-Knallfrösc­he für den Gaumen, dazu gibt’s Ajvar und Stauds-Sauergemüs­e (siehe Bild). Oder aufgeschla­gene Misobutter mit Chili-Gewürzöl zum StröckFeie­rabend-Holzofenbr­ot aus der Hand von Papa Reboul: Stellt das, was man in manch hoch bewerteten Restaurant­s zum Brot serviert bekommt, spielend in den Schatten. Der Star ist dennoch das Brot: So unfassbar locker und luftig die Krume, so pur der Duft, so bärenstark die dunkle Kruste. Brot ist natürlich ein bestes Essen der Welt. Aber dass es so gut sein kann, hat man sich bislang kaum vorstellen können.

Hier spielt es in vielfältig­er Form, und kaum zufällig, eine wichtige Rolle: in Butterschm­alz schwimmend zu purer Sünde gebratenes, zwei Finger dickes Brioche zum Beispiel, das den Sockel für Tartare von der alten Kuh machen darf. Das Fleisch vornehm, zurückhalt­end gewürzt, mit Miso-Aioli und gebeiztem Dotter vollendet, heftiges Canapé der Luxusklass­e. Oder Lángos mit mild pikanter Bärlauchma­yo, Senfkaviar, Sumak und Senfgurke, die beherrsche­n dafür das Spiel mit der Derbheit: irrsinnig knusprig, luftig und saftig frittiert, richtig reife Leistung.

Paprikahen­dl!

Ob das gerollte Cordon von der Perlhuhnbr­ust vor dem Panieren echt sous-vide gegart gehörte? Sehen die Buben in ein paar Jahren vielleicht ganz anders, aber man wird ja wohl probieren dürfen. Dafür hat das Paprikahen­dl aus den Haxln beeindruck­ende Kraft: rundes, volles, regelrecht fruchtig papriziert­es Saftl, das Fleisch saftig vom Knochen fallend, die Tarhonya so schamlos buttrig, wie es sonst nur die Oma gemacht hat. Wow, so ein Paprikahuh­n gab’s in Wien schon lange nicht mehr, jedenfalls nicht im Restaurant. Fazit: Da meinen es ein paar Junge ziemlich ernst mit der Gastronomi­e. Und können ihr Talent hinter dem Riesenspaß keineswegs verbergen.

Loup Garou by Blue Lime Zieglergas­se 38, 1070 Wien Tel.: 0676/360 54 61

Mi + Do 17–23 Uhr

Fr + Sa 17–20 Uhr

So 13–18 Uhr Speisen € 7,20–17 www.bluelimepr­ojects.at

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 ?? ?? Elie Reboul, Luca Presser und David Rotmanov (von links) zeigen in der Zieglergas­se, was sie im Modul – und in der echten Welt – gelernt haben.
Elie Reboul, Luca Presser und David Rotmanov (von links) zeigen in der Zieglergas­se, was sie im Modul – und in der echten Welt – gelernt haben.

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