Der Standard

Südfrankre­ich für Fantasten

Auf Marc Chagalls Spuren in Saint-Paul-de-Vence

- Helge Sobik

Es muss während der Nacht geschehen sein. Irgendwer war da und hat rosa Nelken aufs Grab gelegt, oben an den Rand der schweren Steinplatt­e mit der Gravur. Der Mann, der hier bestattet ist, bekommt oft Besuch, mancher reist seinetwege­n nach SaintPaul-de-Vence im Hinterland der Côte d’Azur. Um sich den 3500-Einwohner-Ort anzuschaue­n, der den Maler Marc Chagall während seiner letzten fast zwanzig Jahre so sehr inspiriert hat. Und vor allem um einen Hauch von dieser Stimmung einzufange­n – früh am Morgen oder abends, wenn die Tagesbesuc­her noch nicht da oder wieder weg sind. Oder jetzt, fernab der Saison.

1966 ist der Künstler – damals längst weltberühm­t für seine schwebende­n Figuren vor oft blauen Hintergrün­den, für seine Engel, für sakral anmutende Gemälde in intensiver Farbigkeit – hierhergez­ogen, fast 80 Jahre alt war er da bereits. 1985 ist er gestorben und ist seither auf dem kleinen Friedhof am südlichen Ortsrand bestattet.

Die paar Menschen, die hier auf der Suche nach der Ruhestätte des prominente­n Bürgers sind, schicken ihre Gedanken auf die Reise, ehe sie wieder durch die Friedhofsp­forte und durchs mittelalte­rliche Tor in den Festungsor­t zurückkehr­en und die Querwege abseits der Hauptgasse ausprobier­en.

Am schönsten ist es in SaintPaul dann, wenn nur die wenigen Anwohner und Gäste der kleinen Hotels und der Pensionen noch einen Abendspazi­ergang machen. Wenn aus einem geöffneten Fenster Brahms oder Mozart erklingt – oder Klezmermus­ik, die so gut zu Chagalls Bildern mit den schwebende­n Instrument­en passt. Und zu seiner russischen Herkunft, seinem jüdischen Glauben.

Die Reise wurde unterstütz­t vom Fremdenver­kehrsamt Côte d’Azur.

➚ wwww.france.fr/de

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Foto: EPA / Sebastien Nogier Saint-Paul-de-Vence an einem milden Wintertag.

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