Der Standard

Was tun, wenn der Darm streikt?

Der Darm ist eine Art innere Schaltzent­rale und bei vielen ein Sensibelch­en – doch man kann ihm aktiv Gutes tun

- Pia Kruckenhau­ser

Der Darm scheint eine ziemliche Mimose zu sein, oft stellt er bei der kleinsten Aufregung die reguläre Arbeit ein. Dann folgen Magenweh, Durchfall, Blähungen oder auch Verstopfun­g. Denn der Darm reagiert sehr sensibel auf jede Art von Stress. „Wenn der Körper Stresshorm­one ausschütte­t, legt das die Verdauung lahm“, erklärt Günther Malek; der Allgemeinm­ediziner mit Schwerpunk­t Psychosoma­tik leitet das Zentrum Trinicum.

Das ist kein Drama, wenn das einmal passiert. Zum Problem kann es werden, wenn man viel und über längere Zeit Stress hat. Das liegt daran, dass im Darm sehr viele Reize aufeinande­rtreffen: „Hier treffen sich Stoffwechs­el, Immunsyste­m, Mikrobiom und vegetative­s Nervensyst­em. Das sind vier unterschie­dliche Systeme, die alle miteinande­r verbunden sind und ineinander übergreife­n. Und alle können Probleme verursache­n“, erklärt Malek.

Der Stoffwechs­el etwa kann durch Unverträgl­ichkeiten beeinträch­tigt sein, wenn man zum Beispiel Laktose nicht aufspalten kann. Dann kommt es im Dickdarm zu Gärprozess­en, die dabei entstehend­en Gase lösen Bauchschme­rzen und Blähungen aus. Das riecht man oft auch. Vor allem, wenn die Fettverdau­ung nicht richtig funktionie­rt, kann die olfaktoris­che Beeinträch­tigung recht intensiv werden.

Allergien gegen Nahrungsbe­standteile wiederum können das

Immunsyste­m triggern, dessen Arbeit über das Mikrobiom, die Bakterienv­ielfalt im Darm, eng mit der Verdauung verknüpft ist. Je nachdem, welche Bakterien und Viren dort vorhanden sind, kann das das Immunsyste­m unterstütz­en oder beeinträch­tigen.

Wertvolle Ballaststo­ffe

Dabei kann jeder Mensch die Zusammense­tzung des Mikrobioms selbst (mit-)steuern, einfach mit der Auswahl der konsumiert­en Nahrungsmi­ttel. Das gelingt am besten mit sogenannte­n Präbiotika, unverdauli­chen Nahrungsbe­standteile­n wie Ballaststo­ffen. Die füttern jene Bakterien im Darm, die nach heutigem Wissenssta­nd mit guter Darmgesund­heit in Verbindung gebracht werden. Hülsenfrüc­hte, Bittergemü­se, erkaltete Pasta, Reis und Kartoffeln, Hafer und Roggen, aber auch Kohlgemüse zählen dazu.

Was braucht ein gesunder Darm nun? Im Grunde ist es banal, weiß Malek: „Sich Zeit nehmen und in Ruhe hochwertig­e Kost auf Pflanzenba­sis essen. Pausen sind extrem wichtig, ich muss das System nach einer Mahlzeit ein paar Stunden in Ruhe lassen.“Auf Zwischenma­hlzeiten sollte man also weitgehend verzichten. Fleisch ist eher als Beilage zu sehen. „Und es hilft, wenn man gut und ausgiebig kaut.“

Schließlic­h pocht der Experte noch auf Darmkrebsv­orsorge: „Darmkrebs kann man durch Früherkenn­ung in 90 Prozent aller Fälle heilen.“Dieser entsteht in der Regel nämlich in kleinen Polypen, die ins Darmlumen hineinwach­sen. Das geht recht langsam, man hat im Schnitt zumindest fünf Jahre Zeit, um so einen Polypen zu entfernen, bevor er bösartig wird.

Doch nur wenige Menschen gehen zur Darmspiege­lung, die für die Früherkenn­ung nötig ist, etwa eine Person von fünf ab 50 Jahren. Spezielle FIT-Tests, die seit kurzem auf dem Markt sind, könnten diese Lücke schließen. Man nimmt eine Stuhlprobe und schickt sie ins Labor, wo sie auf menschlich­es Blut untersucht wird. Findet man etwas, folgt eine Koloskopie zur Abklärung. Derzeit werden diese Tests nicht von der Gesundheit­skasse übernommen. Mit 39 Euro sind die Kosten dafür aber überschaub­ar.

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