Blaue laden Rechtsaußen-Medien nach Straßburg
Harald Vilimsky und Petra Steger führten eine illustre rechte Gruppe durch das EU-Parlament. Teilnehmer der Reisegruppe sollen Korrespondenten bei der Arbeit gestört und online gegen Journalisten agitiert haben.
Die FPÖ hat diese Woche das Who’s who der rechtsextremen, identitären und Rechtsaußen-Medien Österreichs nach Straßburg gebracht. Auf einer Liste von Reiseteilnehmern, die dem STANDARD vorliegt, finden sich unter anderem Mitarbeiter von Report 24, dem identitären Heimatkurier, Freilich oder der ebenfalls FPÖnahen Plattform Der Status.
Sie alle begleiteten die Nationalratsabgeordnete und Europasprecherin der FPÖ, Petra Steger, bei einem Besuch des EU-Parlaments. Offenbar nicht nur, um über die Aktivitäten der blauen EU-Abgeordneten wie Harald Vilimsky zu berichten, sondern auch, um Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine zu erzeugen und um gegen Journalistinnen zu agitieren.
„Geisteskranke Linke“
So sollen Kamerateams öffentlich-rechtlicher Medien bei ihrer Arbeit gestört worden sein sowie Bildschirme von Arbeitsgeräten abgefilmt worden sein. In einer Liveschaltung in ORF 3 ist beispielsweise zu beobachten, wie sich einer der Reiseteilnehmer hinter dem ORFKorrespondenten aufbaut und ihn womöglich filmt oder fotografiert.
Außerdem beschimpfte der „Chefreporter“von Report 24 den Korrespondenten der Kleinen Zeitung auf X (vormals Twitter) als „Systempresse-Schreiberling“; einem ORFKorrespondenten sagte er, dass er in der „Clownwelt der geisteskranken Linken“zu leben.
Im Info-Direkt-Interview mit Harald Vilimsky hieß es in einer Frage an den FPÖ-Politiker, etablierte Medien würden für den Krieg in der Ukraine eintreten, wären sinngemäß Kriegstreiber.
Eine FPÖ-Mitarbeiterin, die für die Plattform Der Status arbeitet und online ihre Pressezutrittskarte für das EU-Parlament zeigte, schrieb auf X wiederum von der „EU-kraine“. Die Reisegruppe soll auch Abgeordnete der Grünen angepöbelt haben, die vor der FPÖ ihr Pressebriefing abgehalten hatten.
Identitären-Kader dabei
Die Auswahl ihrer Reisepartner zeigt, wie offen die FPÖ unter Herbert Kickl ihre Verbindungen nach rechts außen lebt. Sie hat sich ein rechtsextremes Ökosystem an Plattformen aufgebaut, die teils von parlamentarischen Mitarbeitern betreut oder beliefert werden. Dazu kommt eine großflächige Unterstützung durch Inserate. Die FPÖ erhält im Gegenzug eine unkritische Hofberichterstattung, die sie in ihren Social-Media-Kanälen verbreitet.
Für den Rechtsextremismusexperten Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) bildet die Reisegruppe „das gesamte Spektrum an sogenannten ‚Alternativmedien‘ ab, die in den letzten 15 Jahren im Vorfeld der FPÖ aufgebaut wurden, dazu der alteingesessene Eckart“. Einige dieser Medien klassifiziert das DÖW als rechtsextrem, „so etwa den Heimatkurier, der in Straßburg durch zwei langjährige Identitären-Kader vertreten war“.
Aus der FPÖ heißt es, man wollte „Journalisten von Medien ohne Finanzierung durch staatliche Presseförderung und Regierungsinserate die Möglichkeit geben, sich ein Bild vom EU-Parlament zu machen“. Die beschriebenen Vorfälle sowie eine Beschwerde darüber seien nicht bekannt. Allerdings sei offensichtlich, dass Journalisten „höchst irritiert darüber waren, dass ihre Deutungshoheit durch die Anwesenheit anderer Journalisten in Gefahr geriet“.
Das EU-Parlament prüft den Vorfall, von einer Beschwerde hat man noch keine Kenntnis.
Als Teil der türkis-blauen Regierung bis 2019 sowie in der ersten Phase danach unter Parteiobmann Norbert Hofer waren diese Netzwerke zu Identitären und anderen Rechtsextremen teils verdeckt erfolgt, teils intern umstritten gewesen.
„Patriotische Medien“
So beschwerte sich der blaue Mediensprecher Christian Hafenecker im April 2019 in einer FPÖ-internen Chatgruppe, dass blaue Ministerien Rechts-außen-Medien „kommunizieren, dass es bis auf weiteres keine Inserate mehr gibt“. Das sei „kontraproduktiv, weil wir sie damit auch stigmatisieren“, schrieb Hafenecker; man solle es sich nicht „mit den wenigen patriotischen Medien verscherzen“, denn die „haben auch lange genug für uns den Schädel hingehalten“. Darauf antwortete Strache: „Die freien Medien bitte weiterhin mit Inseraten betreuen, aber auch die Inhalte der FPÖ müssen sich rasch (...) wiederfinden.“
Ausnahme war damals das Identitären-nahe Info-Direkt: einerseits, weil es Terrorismusermittlungen gegen Identitären-Kopf Martin Sellner gab; andererseits, weil die FPÖ offenbar fürchtete, die Organisation würde eine Partei gründen.
Dieser Konflikt mit den Identitären ist schon lange Geschichte. Mehrere Teilnehmer der blauen Reisegruppe haben, wie Weidinger erwähnt, eine enge Verbindung zu der „rechten NGO“, wie Kickl sie nannte – in Straßburg dabei waren unter anderem der frühere Wien-Chef der rechtsextremen Organisation sowie ein Funktionär der ersten Stunde.