Wenn Gewinne tatsächlich sprudeln
Der US-Konzern Culligan hat in Österreich mit Wasserspendern für Büros und Haushalte Großes vor. Kleine Abfüller wie Wildalp suchen ihr Glück im Export. Über das Geschäft mit steirischem Trinkwasser.
Geschäfte mit österreichischem Trinkwasser beflügeln die Fantasie. Immer wieder träumen Gemeinden mit Blick auf ihre Quellen, die weitgehend ungenutzt den Bach runterrinnen, von lukrativen Exporten. Wasser in Gold verwandelt hat bisher noch keine. Entsprechende Versuche versandeten oder mündeten statt in Pipelines und Plastikflaschen in Verlusten oder Pleiten der Betreiber. Zu hoch sind die Kosten für Logistik und Marketing. Zu stark sind internationale Rivalen wie Fiji oder Voss, deren Wasser sich Konsumenten gut vier Euro pro Liter kosten lassen.
„Die Welt wartet nicht auf Wasser aus Österreich“, sagt Walter Dorninger, Chef des Wasserabfüllers Wildalp. Wer damit überleben wolle, brauche einen langen Atem. In diesem Geschäft müsse man jedoch größer denken, denn schon in zehn Jahren könne dieser Markt ein ganz anderer sein. „Warum etwa kauft Nestlé Wasserquellen? Warum ist der reichste Chinese Inhaber eines Mineralwasserkonzerns?“
15 Millionen Flaschen
Noch übt sich Dorninger in kleinen Schritten. 15 Millionen Flaschen lässt er jährlich in der steirischen Gemeinde Wildalpen befüllen. Vor 22 Jahren ging die erste in den Export. Von einem großangelegten Verkauf guten österreichischen Wassers ins Ausland sei aber keine Rede, betont der frühere Manager des Lebensmittelkonzerns Vivatis: In Summe gehe es nur um 250 gefüllte Swimmingpools im Jahr.
Wildalp exportiere überwiegend nach China, Südkorea, Taiwan und in den arabischen Raum. Vertrieben werde das Quellwasser vielerorts unter anderen Marken. 2025 führt Österreich ein Pfand für Einwegverpackungen ein, was Dorninger zum Anlass nimmt, vom Vertrieb hierzulande fast zur Gänze abzusehen. „Für kleine Getränkehersteller ist dieses Pfand eine Katastrophe.“
1,9 Millionen Euro setzte Wildalp mit zwölf Beschäftigten im Vorjahr um. Dorninger macht keinen Hehl daraus, dass es ein steter Kampf sei, den kleinen Betrieb finanziell über Wasser zu halten. Entscheidende Stütze sei David Paul Steike. Der gebürtiger Australier hält als treuer Investor knapp 94 Prozent der Anteile des Wasserverwerters.
Amerikaner investieren
Zu 100 Prozent in amerikanischer Hand ist die Marke Aqua Alpina. Fünf Jahre ist es her, dass die oberösterreichische Kunststoffgruppe Greiner den Spezialisten für Wasserspender an den US-Konzern Culligan verkaufte. Unter dem Namen Triple A gegründet, wird das Unternehmen mit gut 160 Mitarbeitenden und heuer 20 Millionen Euro Umsatz nun zu Culligan Austria.
Der frühere Eigentümer habe die Lust am Wassermarkt verloren, die Gefahr einer Insolvenz und Schließung des Unternehmens sei aufgrund jahrelanger Verluste permanent gewesen, erinnert sich Robert Stolz, der das Geschäft mit Quellwasser seit 25 Jahren aufbaut, acht Jahre davon als Geschäftsführer.
Mit den Amerikanern sei ein Schwung an neuen Investitionen und frischer Technologie gekommen. Stolz geht davon aus, dass sich sein Absatz an Wasser in Österreich in den nächsten zehn Jahren verdoppelt. Länder wie Schweden, Belgien und Portugal zeigten dies mit einem entsprechenden Marktvolumen vor.
70 Cent für den Liter
Culligan füllt in Thalheim im Murtal jährlich rund 19 Millionen Liter Trinkwasser ab. Basis dafür ist ein langfristiger Abnahmevertrag mit der Gemeinde Pöls. Zwischen 70 bis 80 Cent pro Liter zahlen Kunden dem Unternehmen dafür, die Lieferung in 19-Liter-Flaschen eingerechnet. 11.000 Unternehmen und 3200 Privathaushalte bedienen sich hierzulande der Dienstleistung.
Der Tadel, den Stolz seit jeher begleitet: Warum sollten die Österreicher für Wasser extra bezahlen, das in hoher Qualität ohnehin aus dem Hahn rinnt? Wozu der immense Aufwand für Transport und Reinigung der Behälter mit allen ökologisenproblem, schen Nachwehen, wenn jede und jeder Flaschen und Gläser für daheim oder den Arbeitsplatz auch an der Leitung frisch befüllen kann?
„Was nützt denn das beste Wasser, wenn der Anreiz, es zu trinken, fehlt?“, hält Stolz dagegen. Den Österreichern in Büros Wasser statt Kaffee schmackhaft zu machen sei ein langer mühsamer Weg gewesen. Gluckernde Spender, die über ein Abomodell vergeben werden, schufen den Zugang zu Wasser und erinnerten spielerisch ans Trinken. Abgesehen davon litten auch in Österreich einzelne Regionen zeitweise unter Qualitätsproblemen.
Haushalte als Kunden
Hohes Potenzial macht der Culligan-Chef neben Büros und Einrichtungen wie Krankenhäusern bei Privathaushalten aus: Hier sei durchaus eine Verzehnfachung des bisherigen Volumens an leitungsgebundenen und freistehenden Wasserspendern möglich. „Wasserflaschen nach Hause zu schleppen ist längst nicht mehr zeitgemäß.“
Sein Geschäft sei ein Kampf gegen Kleingebinde, betont Stolz. Im Wettlauf gegen klassische Mineralwasserriesen sieht er diese auf verlorenem Boden. Innerhalb nur eines Jahrzehnts sei der Pro-Kopf-Verbrauch von abgefülltem Mineralwasser in Österreich von 110 auf 77 Liter gesunken, rechnet er vor.
Sein Ziel sei es, dieses Volumen durch mehr Wasserspender auf 30 bis 40 Liter zu reduzieren. „Die Regalfläche für Mineralwasser im Handel sinkt. Die Branche hat ein Riedenn das Trinkverhalten der Konsumenten ändert sich.“
Kritiker bezweifeln, ob die Umweltbilanz großer Kunststoffgebinde, die aufwendig gereinigt und quer durch Österreich gekarrt werden, wirklich besser ist. Seine Flaschen würden bis zu 100-mal wieder befüllt und seien 15 Jahre im Umlauf, sagt Stolz. Er führt emissionsfreie Abfall- und Waschanlagen ins Treffen, die Umstellung auf Elektrofuhrparks und die Aufforstung des Waldes über Thalheim.
Konkurrenz geschluckt
Exporte österreichischen Wassers ins Ausland plant er nicht, um die Logistikkosten niedrig zu halten. Gewachsen ist Culligan nicht zuletzt über Akquisitionen. 2008 erfolgte die Übernahme des stärksten Mitbewerbers Blue Dolphin.
2020 schluckte die Gruppe die Marken Ursteiner und AQto. 2021 holte sie auch Freshwater unter ihr Dach. Der Vermieter von Wasserspendern wurde zuvor von Wildalp mit Quellwasser versorgt.
Vielen Gründern gehe angesichts der hohen Investitionen in die Infrastruktur die Luft aus, sagt Stolz. Ein Wasserspender etwa müsse vier Jahre im Gebrauch sein, ehe er sich für Vermieter überhaupt rechne.
Immer wieder riefen Quellbesitzer bei ihm an, um mit ihrem Wasser ins Geschäft zu kommen. Eine Quelle mit hervorragender Wasserqualität sei gut und schön, ohne tragfähiges Geschäftsmodell jedoch ein finanzielles Fass ohne Boden.
Zu kostspielig wurde dem USKonzern Liquid Death Wasser aus Österreich. In kleinen Aludosen ließ er es einst vom Getränkeunternehmen Starzinger als hippes Lifestyleprodukt abfüllen. Die Transportkosten uferten aus. Liquid Death sattelte auf eine US-Quelle um.
Mit Wasser aus dem Salzkammergut unter der Marke Hallstein versucht sich seit etlichen Jahren die austro-amerikanische Familie Muhr. Aus der jüngsten Bilanz sprudelt es wie bei vielen kleinen Mitbewerbern Verluste.