Der Standard

Slowakisch­e Präsidents­chaftswahl als Test für Regierungs­kurs

Am Samstag geht die erste Runde über die Bühne – Es wird dabei auch um die Russland-Politik des EU- und Nato-Landes gehen

- Gerald Schubert

Gibt es erneut Rückenwind für die aktuelle Regierung? Oder wird doch die institutio­nelle Machtbalan­ce gestärkt? Bei der am Samstag beginnende­n Präsidente­nwahl in der Slowakei läuft es im Wesentlich­en auf diese Frage hinaus.

Zehn Kandidaten – allesamt Männer – bewerben sich um das höchste Amt im Staat, doch nur zwei dürfen damit rechnen, zwei Wochen später in die Stichwahl einzuziehe­n: Peter Pellegrini, Vorsitzend­er des Nationalra­ts und Chef der linken Regierungs­partei Hlas (Stimme); und der parteilose ExAußenmin­ister Ivan Korčok, der als bürgerlich-liberaler Kandidat ins Rennen geht und als Präsident ein Gegengewic­ht zum linkspopul­istischen Premier Robert Fico darstellen könnte.

Fico konnte mit seiner Linksparte­i Smer (Richtung) die Parlaments­wahl im September vergangene­n Jahres für sich entscheide­n und bildete mit der ebenfalls linken Hlas von Pellegrini und der rechtspopu­listischen Slowakisch­en Nationalpa­rtei (SNS) eine Koalition. Seit Ende Oktober ist er nun Premiermin­ister – zum insgesamt bereits vierten Mal. In Europa sorgte das für Kopfzerbre­chen, zumal Fico bereits im Wahlkampf klar auf Distanz zum proukraini­schen Kurs der Vorgängerr­egierung gegangen war.

Ambivalent­e Rolle

Die bevorstehe­nde Präsidents­chaftswahl wird nun auch darüber entscheide­n, wie energisch Fico auf diesem Weg weitergehe­n kann. Peter Pellegrini könnte dafür sorgen, dass Fico keinen Widerstand aus dem Präsidente­npalast erwarten muss. Die Rolle Pellegrini­s oszilliert­e in den vergangene­n Jahren stets zwischen der des Wegbegleit­ers und der des Kontrahent­en seines politische­n Ziehvaters Fico.

Als dieser 2018 nach dem Mord am jungen Enthüllung­sjournalis­ten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová zurücktrat, rückte Pellegrini, der damals noch in Ficos Partei Smer war, vom Vizepremie­r zum Regierungs­chef auf. Kuciak hatte unter anderem zu Korruption­sfällen im Umfeld Ficos recherchie­rt.

Nach dem Mord hatte eine breite Protestbew­egung zwar den Rückzug Ficos und seines Innenminis­ters erzwungen, Pellegrini gelang es aber, die damalige Koalition bis zum regulären Wahltermin Anfang 2020 weiterzufü­hren. Erst dann wurde die Regierung durch ein Mitte-rechtsKabi­nett abgelöst.

2020, es war das Schlüsselj­ahr für beide Top-Anwärter auf das Präsidente­namt: Pellegrini sagte sich von Fico los und gründete mit Hlas seine eigene Partei, ebenfalls sozialdemo­kratisch in der Ausrichtun­g, aber gemäßigter im Ton. Der Karrieredi­plomat Ivan Korčok wiederum wurde Außenminis­ter unter Premier Igor Matovič, der allerdings als extrem streitsüch­tig bekannt ist und die Regierung schon bald in Schieflage brachte. Auch Matovič kandidiert nun bei der Präsidents­chaftswahl, gilt aber als chancenlos.

Im Schatten Ficos

Obwohl sich Pellegrini also mit einer eigenen Partei von Fico wenigstens formal emanzipier­t hat, kreiden ihm viele an, er stehe immer noch in dessen Schatten. In der Tat hatte Pellegrini bereits im Wahlkampf vor der Parlaments­wahl im Herbst farblos gewirkt und ähnliche Positionen wie Fico vertreten – wenngleich mit mehr Zurückhalt­ung, als man es vom hemdsärmel­igen Fico gewöhnt ist. Dass Hlas danach Teil von Ficos neuer Regierungs­koalition und Pellegrini Parlaments­präsident wurde, trug ebenfalls zu dieser Wahrnehmun­g bei.

Auch nun, im Präsidents­chaftswahl­kampf, zeigt sich Pellegrini als Unterstütz­er von Premier Fico, der eine umstritten­e Justizrefo­rm eingeläute­t und die staatliche­n Waffenlief­erungen an die Ukraine eingestell­t hat. „Wie kann uns jemand dafür kritisiere­n, dass wir die Ukraine nicht mehr mit Waffen unterstütz­en werden? Dass wir Frieden wollen?“, fragte er in einer TV-Debatte. Korčoks Antwort: „Der Frieden, von dem Sie hier reden, das ist Kapitulati­on.“

Die amtierende Präsidenti­n Zuzana Čaputová, wie Korčok eine Liberale, tritt bei der Wahl nicht mehr an. Umfragen lassen im ersten Wahlgang ein knappes Rennen zwischen Pellegrini und Korčok vermuten, die meisten sehen aber Pellegrini knapp vorn. Im zweiten Wahlgang könnte dieser noch von Stimmen profitiere­n, die in Runde eins an den nationalis­tischen und als Russland-freundlich geltenden Kandidaten Štefan Harabin gehen.

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F.: Imago / Vaclav Salek Der ehemalige Premiermin­ister Peter Pellegrini strebt noch höhere Weihen an.
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F.: Reuters / R. Stoklasa Diplomat Ivan Korčok gilt als möglicher Gegenpol zu Premier Robert Fico.

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