Der Standard

Mehr Tempo bei Anerkennun­gen

Nostrifizi­erungen sollen beschleuni­gt werden, zuerst in der Pflege

- Melanie Raidl

Bis 2050 benötigen Österreich­s Gesundheit­sinstitute 70.000 zusätzlich­e Fachkräfte in der Pflege. Die Bundesregi­erung setzt daher schon seit einiger Zeit auf Personal aus dem Ausland, um den drängenden Mangel ausgleiche­n zu können. Denn nur mit Personen im Inland wird der Mehrbedarf nicht zu decken sein, heißt es. Wer aber den Weg nach Österreich als Pflegefach­kraft antreten will, hat meist aufwendige bürokratis­che Hürden. Denn um die Arbeitsbew­illigung, die Rot-Weiß-Rot-Karte, zu bekommen, muss die Ausbildung anerkannt werden. Bei dieser sogenannte­n Nostrifizi­erung gibt es einen Antrag an die jeweilige Institutio­n, wie eine Uni oder Fachhochsc­hule, in der jeweiligen Fachabteil­ung werden dann Expertinne­n und Experten befragt. Diese erstellen Gutachten, mit denen dann ein entspreche­nder Bescheid erstellt werden muss. Das sei zeit- und kosteninte­nsiv, obwohl man vor allem in Pflegeberu­fen dringend schnell neue Personen brauche, sagt der Bundesmini­ster für Bildung, Martin Polaschek (ÖVP). Nun sollen diese Prozesse deutlich schneller und effiziente­r vonstatten gehen oder gar ganz wegfallen.

Polaschek und Wirtschaft­sminister Martin Kocher gaben nach ihrem Arbeitsges­präch am Freitag eine Pressekonf­erenz zu den Nostrifizi­erungen für reglementi­erte Berufe (all jene Jobs, für die es eine konkrete Ausbildung und Prüfung gibt). „Diese Verfahren dauern oft sehr lange, sind sehr aufwendig und teuer“, sagt Polaschek. „Daher ist es wichtig, die Nostrifizi­erung völlig neu bereitzust­ellen und dort, wo es möglich ist, abzuschaff­en.“Im ersten Schritt wollen sich die beiden Minister vor allem auf die Pflegeberu­fe konzentrie­ren. Sie kündigten einen Gipfel mit allen beteiligte­n Institutio­nen und Stellen an, um die Anerkennun­gsprozesse zu verschlank­en.

Zentralisi­erte Stellen

Vorstellen können sich die Minister eine Abschaffun­g der Nostrifizi­erung nach dem Beispiel des Nachbarn Deutschlan­d. Dort gibt es seit 2012 Berufsbehö­rden, und ausschließ­lich diese sind für die Anerkennun­gen der berufliche­n Ausbildung­en zuständig. Die Vorteile wären, sagen Polaschek und Kocher, eine praxisnahe Prüfung und eine bessere Berücksich­tigung der Berufserfa­hrung und nicht nur der Vergleich von Studiencur­ricula. Als weitere Möglichkei­t nennen sie „Herkunftsl­änderschab­lonen“. Bedeuten soll das etwa eine Datenbank zu verschiede­nen Berufen und deren Ausbildung­swegen und Standards im Ausland.

In Deutschlan­d würden seit 2012 bereits Standardgu­tachten für Gesundheit­sberufe erstellt. Anhand dieser Datenbanke­n könne man schnell feststelle­n, welche Qualifizie­rungen noch nachgeholt werden müssten. Vor allem für Pflegepers­onal soll es in Zukunft schneller gehen, in den österreich­ischen Arbeitsmar­kt einzusteig­en: Schon jetzt können sie während der Nostrifizi­erung ihrer akademisch­en Pflegeausb­ildung in verschiede­nen Institutio­nen als Pflegefach­assistenz arbeiten. Wenn die Anerkennun­g abgeschlos­sen ist, sollen sie keine Rot-Weiß-Rot-Karte mehr beantragen müssen, wie ursprüngli­ch der Fall. Im Vorfeld der neuen Pläne waren die Fachhochsc­hulen jedoch zurückhalt­end. Vor einigen Tagen erklärte Ulrike Prommer, Präsidenti­n der österreich­ischen Fachhochsc­hulkonfere­nz und Chefin der FH Krems, der „Kleinen Zeitung“, es hätte dieses Jahr bereits 100 Nostrifizi­erungsantr­äge im Pflegebere­ich gegeben – im Vergleich zu fünf in 2022. Eine Zentralisi­erung würden die FHs dennoch eher skeptisch sehen, sagte Pommer.

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Nostrifizi­erungen sollen in der Pflege unkomplizi­erter werden.

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