Wien kündigt Vertrag mit Anbieter von Leih-E-Scootern
Superpedestrian hat 11.000 Strafen wegen illegal abgestellter Scooter angehäuft – Zweiter Anbieter zieht sich freiwillig zurück
E-Scooter, die illegal auf Gehsteigen geparkt werden, sind in Wien ein großes Ärgernis. Um das Chaos in den Griff zu bekommen, vergab die Stadt Wien im Vorjahr Konzessionen an vier ausgewählte Betreiber. Mit dem Vertrag für drei Jahre verpflichteten sich die Betreiber auch zur Einhaltung einer Reihe von Vorgaben: Sie sollten unter anderem sicherstellen, dass illegal auf Gehsteigen abgestellte Geräte schnell von dort entfernt werden. Die Firma Superpedestrian, die auch unter dem Namen Link operiert, kam nach Angaben der Stadt ihren Verpflichtungen aber nicht nach. „Die Stadt Wien hat daher den Vertrag gekündigt“, sagte Verena Ebenberger, Leiterin der MA 65 (Rechtliche Verkehrsangelegenheiten), dem STANDARD.
Superpedestrian weise nach Angaben der Stadt ein langes „Sündenregister“auf. Weil die Ordnerdienste die falsch abgestellten E-Scooter nicht schnell entfernten, wurden seit Juni des Vorjahres 11.000 Verwaltungsstrafen allein gegen Superpedestrian verhängt. Zunächst waren 25 Euro pro Gerät fällig, seit Dezember sind es 50 Euro. Außerdem soll das Unternehmen deutlich mehr Leih-E-Scooter als erlaubt angeboten haben: Im Oktober wurden in den für das Geschäft attraktiven Innenbezirken über 1.000 E-Scooter mehr als erlaubt aufgestellt. Zudem habe die Firma gegen die Betriebspflicht verstoßen, indem sie im Dezember 2023 ihre Leihgeräte vom Markt nahm.
Eine Vertragsbedingung war auch, dass alle Anbieter einen verantwortlichen Beauftragten mit Wohnsitz in Österreich melden müssen. Diesem werden die Verwaltungsstrafen etwa wegen falsch geparkter E-Scooter geschickt. Die Firmen können die Bußgelder dann an ihre Kundinnen und Kunden weiterreichen. Superpedestrian habe aber im Vorjahr den Namen des Beauftragten im Inland zurückgezogen, sagte Ebenberger. Damit konnten zahlreiche Strafen nicht mehr zugestellt werden. Superpedestrian geht auf Anfrage hingegen davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. „Wir befinden uns noch in Gesprächen mit der Stadt“, sagte ein Sprecher. Von einer Kündigung wisse er noch nichts. Er bestätigte aber, dass die Leihgeräte seit Dezember vom Wiener Markt sind. Das Unternehmen hatte davor bis zu 3000 E-Scooter in Wien aufgestellt.
Auch die Geräte der Firma Bird können seit Monaten nicht mehr in Wien ausgeliehen werden. Und dabei bleibt es: Bird habe gemeinsam mit der Stadt entschieden, „sich aus dem Betrieb seiner E-Scooter-Flotte in Wien zurückzuziehen“, wie es in einer aktuellen Stellungnahme des Unternehmens dem STANDARD gegenüber hieß.
Andere Bundesländer
Der Fokus werde nun darauf gelegt, „unsere Dienstleistungen in anderen österreichischen Bundesländern anzubieten“. Erst im Februar gab es Aufregung, weil gleich 1241 E-Roller von Bird temporär beschlagnahmt worden waren. Das Lager samt Werkstatt des Anbieters wurde illegal betrieben, hieß es damals vonseiten der Stadt Wien. Die Geräte wurden mittlerweile aber wieder ausgehändigt. Damit sind mit Lime und Voi nur noch zwei E-Scooter-Betreiber in Wien aktiv. Die Konzessionen der beiden ausscheidenden Firmen werden aber laut Stadt „nicht automatisch an die verbleibenden Betreiber übergeben“. Die Situation werde vorerst einmal beobachtet.
Man kann wegen allem sudern. Aber bei einer Sache, da sind sich die meisten Wienerinnen und Wiener einig: E-Scooter sind zum Speiben, wie man hierorts gerne sagt. Nicht nur, weil sie oft in alkoholisiertem Zustand genutzt werden. Sie stehen dort herum, wo sie nicht stehen sollten. Sie sind nicht so umweltfreundlich, wie oft getan wird. Wenn man sie nicht gerade benutzt – hoffentlich nüchtern, realistischerweise aber nicht –, dann sind sie das ideale Hassobjekt.
Halleluja, könnte man deshalb rufen, nachdem die Stadt den Vertrag mit dem Anbieter Superpedestrian gekündigt hat. Zuvor hatte sich die Firma Bird aus Wien zurückgezogen. Tier musste im Vorjahr daran glauben. Die Anbieter, sie kommen und gehen – und was bleibt? Die Nachfrage nach der sogenannten Mikromobilität: weder Autos noch Öffis, sondern Fortbewegungsmitteln, mit denen man den letzten Kilometer hinter sich bringen und schlecht angebundene Ziele erreichen kann.
Anstatt dieses Feld profitorientierten Privatunternehmen – mit denen es offensichtlich laufend Probleme gibt – zu überlassen, sollte die Stadt Wien ihre Verkehrspolitik überdenken. Man stelle sich etwa ein Wien vor ohne E-Scooter. Dafür aber mit besseren Radwegen, einem flächendeckenden, simplen und vor allem praktischen Netz an städtischen Fahrrädern, von denen es aktuell zu wenige gibt – und vielleicht sogar mit nichtelektrischen Tretrollern. Wir würden trotzdem sudern. Aber Wien wäre ein Stückchen moderner.