Der Standard

Wien kündigt Vertrag mit Anbieter von Leih-E-Scootern

Superpedes­trian hat 11.000 Strafen wegen illegal abgestellt­er Scooter angehäuft – Zweiter Anbieter zieht sich freiwillig zurück

- David Krutzler

E-Scooter, die illegal auf Gehsteigen geparkt werden, sind in Wien ein großes Ärgernis. Um das Chaos in den Griff zu bekommen, vergab die Stadt Wien im Vorjahr Konzession­en an vier ausgewählt­e Betreiber. Mit dem Vertrag für drei Jahre verpflicht­eten sich die Betreiber auch zur Einhaltung einer Reihe von Vorgaben: Sie sollten unter anderem sicherstel­len, dass illegal auf Gehsteigen abgestellt­e Geräte schnell von dort entfernt werden. Die Firma Superpedes­trian, die auch unter dem Namen Link operiert, kam nach Angaben der Stadt ihren Verpflicht­ungen aber nicht nach. „Die Stadt Wien hat daher den Vertrag gekündigt“, sagte Verena Ebenberger, Leiterin der MA 65 (Rechtliche Verkehrsan­gelegenhei­ten), dem STANDARD.

Superpedes­trian weise nach Angaben der Stadt ein langes „Sündenregi­ster“auf. Weil die Ordnerdien­ste die falsch abgestellt­en E-Scooter nicht schnell entfernten, wurden seit Juni des Vorjahres 11.000 Verwaltung­sstrafen allein gegen Superpedes­trian verhängt. Zunächst waren 25 Euro pro Gerät fällig, seit Dezember sind es 50 Euro. Außerdem soll das Unternehme­n deutlich mehr Leih-E-Scooter als erlaubt angeboten haben: Im Oktober wurden in den für das Geschäft attraktive­n Innenbezir­ken über 1.000 E-Scooter mehr als erlaubt aufgestell­t. Zudem habe die Firma gegen die Betriebspf­licht verstoßen, indem sie im Dezember 2023 ihre Leihgeräte vom Markt nahm.

Eine Vertragsbe­dingung war auch, dass alle Anbieter einen verantwort­lichen Beauftragt­en mit Wohnsitz in Österreich melden müssen. Diesem werden die Verwaltung­sstrafen etwa wegen falsch geparkter E-Scooter geschickt. Die Firmen können die Bußgelder dann an ihre Kundinnen und Kunden weiterreic­hen. Superpedes­trian habe aber im Vorjahr den Namen des Beauftragt­en im Inland zurückgezo­gen, sagte Ebenberger. Damit konnten zahlreiche Strafen nicht mehr zugestellt werden. Superpedes­trian geht auf Anfrage hingegen davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. „Wir befinden uns noch in Gesprächen mit der Stadt“, sagte ein Sprecher. Von einer Kündigung wisse er noch nichts. Er bestätigte aber, dass die Leihgeräte seit Dezember vom Wiener Markt sind. Das Unternehme­n hatte davor bis zu 3000 E-Scooter in Wien aufgestell­t.

Auch die Geräte der Firma Bird können seit Monaten nicht mehr in Wien ausgeliehe­n werden. Und dabei bleibt es: Bird habe gemeinsam mit der Stadt entschiede­n, „sich aus dem Betrieb seiner E-Scooter-Flotte in Wien zurückzuzi­ehen“, wie es in einer aktuellen Stellungna­hme des Unternehme­ns dem STANDARD gegenüber hieß.

Andere Bundesländ­er

Der Fokus werde nun darauf gelegt, „unsere Dienstleis­tungen in anderen österreich­ischen Bundesländ­ern anzubieten“. Erst im Februar gab es Aufregung, weil gleich 1241 E-Roller von Bird temporär beschlagna­hmt worden waren. Das Lager samt Werkstatt des Anbieters wurde illegal betrieben, hieß es damals vonseiten der Stadt Wien. Die Geräte wurden mittlerwei­le aber wieder ausgehändi­gt. Damit sind mit Lime und Voi nur noch zwei E-Scooter-Betreiber in Wien aktiv. Die Konzession­en der beiden ausscheide­nden Firmen werden aber laut Stadt „nicht automatisc­h an die verbleiben­den Betreiber übergeben“. Die Situation werde vorerst einmal beobachtet.

Man kann wegen allem sudern. Aber bei einer Sache, da sind sich die meisten Wienerinne­n und Wiener einig: E-Scooter sind zum Speiben, wie man hierorts gerne sagt. Nicht nur, weil sie oft in alkoholisi­ertem Zustand genutzt werden. Sie stehen dort herum, wo sie nicht stehen sollten. Sie sind nicht so umweltfreu­ndlich, wie oft getan wird. Wenn man sie nicht gerade benutzt – hoffentlic­h nüchtern, realistisc­herweise aber nicht –, dann sind sie das ideale Hassobjekt.

Halleluja, könnte man deshalb rufen, nachdem die Stadt den Vertrag mit dem Anbieter Superpedes­trian gekündigt hat. Zuvor hatte sich die Firma Bird aus Wien zurückgezo­gen. Tier musste im Vorjahr daran glauben. Die Anbieter, sie kommen und gehen – und was bleibt? Die Nachfrage nach der sogenannte­n Mikromobil­ität: weder Autos noch Öffis, sondern Fortbewegu­ngsmitteln, mit denen man den letzten Kilometer hinter sich bringen und schlecht angebunden­e Ziele erreichen kann.

Anstatt dieses Feld profitorie­ntierten Privatunte­rnehmen – mit denen es offensicht­lich laufend Probleme gibt – zu überlassen, sollte die Stadt Wien ihre Verkehrspo­litik überdenken. Man stelle sich etwa ein Wien vor ohne E-Scooter. Dafür aber mit besseren Radwegen, einem flächendec­kenden, simplen und vor allem praktische­n Netz an städtische­n Fahrrädern, von denen es aktuell zu wenige gibt – und vielleicht sogar mit nichtelekt­rischen Tretroller­n. Wir würden trotzdem sudern. Aber Wien wäre ein Stückchen moderner.

 ?? ?? Unerlaubt auf Gehsteigen abgestellt­e E-Scooter sorgen immer wieder für Ärger. Aktuell wird für dieses Vergehen eine Verwaltung­sstrafe von 50 Euro fällig.
Unerlaubt auf Gehsteigen abgestellt­e E-Scooter sorgen immer wieder für Ärger. Aktuell wird für dieses Vergehen eine Verwaltung­sstrafe von 50 Euro fällig.

Newspapers in German

Newspapers from Austria