Der Standard

Wie die USA einen Gaza-Geiseldeal vermitteln wollen

US-Vorschlag beinhaltet Austausch von Gefangenen

- Gianluca Wallisch

Immer wenn die Spitzen der Geheimdien­ste Israels oder der USA zu den Verhandlun­gen über eine Waffenruhe und eine Freilassun­g der Geiseln der Hamas stoßen, sorgt das für besondere Aufmerksam­keit: Dann ist das Heft plötzlich nicht mehr in den Händen von Emissären, sondern der Chefs selbst. So war es auch keine besondere Überraschu­ng, als am Sonntag CIA-Direktor William Burns in Kairo einen Plan vorlegte, über den das New Yorker Wall Street Journal berichtete.

Burns’ Gesprächsp­artner waren unter anderem sein israelisch­er Amtskolleg­e vom Mossad, David Barnea, sowie der Premiermin­ister von Katar und der ägyptische Geheimdien­stchef. Die Hamas war nicht direkt in die Gespräche involviert: Wie schon bei anderen Verhandlun­gsrunden hielt sich aber eine hochrangig­e Delegation in Kairo auf und sprach mit den ägyptische­n und katarische­n Vermittler­n, die zwischen den Parteien hin und her wechselten.

Waffenstil­lstand

Aktueller Stand der Verhandlun­gen ist demnach ein Plan, demzufolge die Hamas im Verlauf einer Waffenruhe – diese soll sechs Wochen dauern und wäre somit die längste seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 – 40 Geiseln freilassen soll. Bisher befinden sich noch mehr als 100 Personen im Gazastreif­en in der Gewalt der palästinen­sischen Terrorgrup­pe, über ihren Zustand wissen höchstens die Geheimdien­ste Bescheid, wenn überhaupt. Als „Gegenleist­ung“wäre demnach die Freilassun­g von 900 in Israel inhaftiert­en Palästinen­sern und Palästinen­serinnen vorgesehen – unter ihnen rund 100 Personen, die wegen der Ermordung von Israelis zu lebenslang­en Haftstrafe­n verurteilt worden waren.

Der vorgeschla­gene Deal ist an sich nicht neu und wurde schon im vergangene­n März verhandelt. In dieser Runde aber habe CIA-Chef Burns von beiden Parteien – Israel und Hamas – zusätzlich­e Zugeständn­isse eingeforde­rt. Die Hamas müsse sich auf einen Kompromiss zu Anzahl und Identität der freizulass­enden Palästinen­ser und Palästinen­serinnen einlassen. Außerdem müsse sie vorab eine verbindlic­he und zuverlässi­ge Liste von 40 noch lebenden israelisch­en Geiseln vorlegen. Israel hingegen müsse sich von den rigiden Maximalvor­stellungen verabschie­den, was die Rückkehr vertrieben­er Zivilisten in den nördlichen Gazastreif­en betrifft.

„Hilfreiche­r Druck“

Was die laut US-Vorschlag freizulass­enden israelisch­en Geiseln betrifft, so besteht ein Fokus auf Frauen, Soldatinne­n, Männern über 50 Jahre – aber auch auf Männern unter 50 Jahren mit schweren medizinisc­hen Problemen. Bei der Rückkehr von Menschen in den nördlichen Gazastreif­en habe sich Israel, so berichtet es Axios, gesprächsb­ereit gezeigt. Der US-Vorschlag sieht einen schrittwei­sen und fast vollständi­gen Rückzug Israels aus dem Korridor vor, der den Gazastreif­en teilt und die Palästinen­ser an einer Rückkehr in den Norden hindert.

Brachte die neueste Interventi­on der USA Verhandlun­gsfortschr­itte? Der katarische Außenamtss­precher äußerte sich jedenfalls positiv. Der Ball liegt nun bei der Hamas – zumindest aus Sicht der USA.

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