Italienisches Repertoire
Mit ihren Impressionen aus Italien stillten Künstler wie Antonietta Brandeis, Robert Russ oder Alois Schönn im 19. Jahrhundert Fernweh und prägten die Vorstellung vom lebhaften Alltag des Volkes.
Ein Spätsommertag in Italien, das Licht tanzt auf dem kühlen Boden einer Pergola und erhellt da und dort einzelne Blattpartien üppig wuchernder Weinreben oder blühender Topfpflanzen: der Inbegriff eines stimmungsvollen Augenblicks, den Robert Russ hier um das Jahr 1907 einfing. Italienische Pergola titelt das vergleichsweise große Format, das, wie einige weitere Italienimpressionen auch, in der Sparte Gemälde des 19. Jahrhunderts im Dorotheum zur Versteigerung kommt.
Lauschige Plätze
Den Angaben der Experten zufolge handelt es sich um ein Hauptwerk des österreichischen, an der Akademie in Wien ausgebildeten Künstlers, dessen Stil später von den Impressionisten und Pointillisten inspiriert wurde, die es zur Jahrhundertwende in Wien in Ausstellungen in der Secession oder dem Wiener Künstlerhaus zu sehen gab.
Die Sommermonate verbrachte Russ seit den 1870er-Jahren in Italien: zumeist in Südtirol, das zu den beliebten Ferienzielen von Sommerfrischlern gehörte, wovon zahlreiche im Werkverzeichnis erfassten und bis zu seinem Tod 1922 entstandene Bilder zeugen.
Motivisch gab er eher stillen, lauschigen Plätzen den Vorzug, anders als manche Kolleginnen und Kollegen, die auf bekannte topografische Sujets setzten, die ein Italien aus der Touristenperspektive dokumentierten. Allen voran Antonietta Brandeis, die aus dem böhmischen Miskowitz gebürtig ab 1867 als erste Frau an der Akademie in Venedig studierte und fortan dort ihren Lebensmittelpunkt hatte.
Ihre kleinformatigen Veduten waren als gemalte Souvenirs bei ItaLandschaftsmaler lientouristen sehr beliebt. Beispielhaft dafür stehen ein Blick auf den Palazzo Vecchio in Florenz von den Boboli-Gärten aus gesehen oder auch die Ansicht des Piers ihrer Wahlheimatstadt Venedig, mit dem Campanile des Markusdoms im Hintergrund, davor zwei in der Lagune schippernde Gondeln.
Ein Klassiker, ganz so wie die obligaten Rauchwölkchen des Vesuvs, die auf Bildern der Bucht von Neapel niemals fehlen durften, wie auch italienische Zeitgenossen wie der Consalvo Carelli wusste. Zum typischen Repertoire gehörten weiters Darstellungen, die das bunte, oftmals temperamentvolle Treiben der Südländer oder auch individuelle Charaktere dokumentieren, die wiederum die Vorstellungen über das Leben und den Alltag in Italien prägten.
Für die besonders lebhafte Wiedergabe des ländlichen Volkslebens wurde der Genre- und Historienmaler Alois Schönn bekannt, der auch mehrmals Sizilien bereiste.
Am Brunnen in Taormina zeigt eine alltägliche Szene auf einem kleinen Platz der Hügelstadt, wie sich Frauen unterschiedlichen Alters und Kinder – sowie durstige Nebendarsteller wie Tauben und ein Hund – teils auf dem und rund um den Brunnen drängen. Die Kritik lobte Schönn als „feinen Beobachter“wirklicher „Volkstypen voll Kraft und Leben“. Das undatierte Gemälde wurde in der Jahresausstellung des Wiener Künstlerhauses 1885 einst der Öffentlichkeit präsentiert.
Pionier der Moderne
Ebendort wurde im Zuge des 80Jahr-Jubiläums der Künstlervereinigung 1948 auch erstmals Anton Romakos Porträt eines Jungen italienischen Schafhirten mit Hund gezeigt, das 2018 als Leihgabe bei einer dem Pionier der Moderne gewidmeten Ausstellung im Leopold-Museum zu sehen war. Romako inszenierte den jungen Hirten in einer Pose und Größe, wie es vor allem in der Entstehungszeit der 1870er-Jahre und traditionell nur für Porträts des Adels üblich war. Ihm zur Seite der Hund? Auch das ein typisches Attribut adeliger Herren als Symbol für Treue und Macht. Statt eines Mantels aus Samt oder Seide hat er ein Schaffell um die Schulter geworfen.