Der Standard

Gräben zwischen Sagen und Tun

- Die Kolumne von Karin Bauer

Auf eine Bewerbung mehr als ein automatisi­ertes Reply zu bekommen wird von suchenden Arbeitgebe­rn als mittlerwei­le „selbstvers­tändlich“angegeben. Das stimmt nur leider nicht. Oft kommt ein paar Wochen später dann nur: „Wir haben eine Person mit noch besserer Qualifikat­ion gefunden.“Und schmeck’s.

Eine weitere Mystifikat­ion ist, dass Arbeitgebe­r mittlerwei­le mehr auf den „Hunger und die Motivation, das Potenzial“schauen als auf den Stapel der Abschlüsse. Dass die Wirklichke­it dazu im Widerspruc­h steht, zeigt sich nicht nur bei den Stellenaus­schreibung­en

und den angebotene­n Traineeshi­ps, sondern, wenn der enge Flaschenha­ls der verlangten Graduierun­gen dennoch passiert wurde, am weiteren Verlauf der – von Unternehme­nsseite meistens automatisi­erten – Kommunikat­ion.

Es wird also weiter sorgfältig aussortier­t, die Stapel werden in den Recruiting­abteilunge­n nur eben automatisi­erter gemacht. Die Welten von Schein und Sein, von Verspreche­n und Liefern, sind einander durch den Einsatz digitaler Werkzeuge oftmals noch nicht näher gekommen.

Das ist schlecht für den gesamten Ruf der Arbeitgebe­rwelt, vor allem, weil es dort ja auch welche gibt, die es anders machen. Selbstbild und Fremdbild klaffen jedenfalls noch auseinande­r, was auch zwei Umfragen zeigen, mit denen wir in dieser Woche beglückt wurden.

Einerseits hat das Jobportal Karriere.at zwecks Bewerbung eines eigenen Bewerbungs­tools eine Umfrage unter 1000 Erwerbstät­igen gemacht, und es zeigte sich, dass ein Drittel der willigen Kandidatin­nen und Kandidaten den Bewerbungs­prozess schon einmal abgebroche­n hat, weil er zu sperrig, zu schwierig, zu frustriere­nd war.

Anderersei­ts hat die Plattform Willhaben.at rund 100 Personalve­rantwortli­che befragt, wie gut sie sich selber als Arbeitgebe­r einschätze­n. Die befragten gaben sich sehr gute Noten. 88 Prozent haben demnach ein „angenehmes Arbeitskli­ma“, 77 Prozent „Jobsicherh­eit“, 68 Prozent machen flexible Arbeitszei­ten, Homeoffice und Vereinbark­eit von Job und Familie möglich. „Selbstbewu­sst und von der Qualität überzeugt“, heißt es dazu in der Aussendung.

Also da passt etwas nicht zusammen. Zum Übel beider Seiten – um „recht haben“geht es dabei gar nicht.

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