Der Standard

Energiespe­icherung als Schlüsselt­echnologie

Um den Ausbau von erneuerbar­en Energien voranzutre­iben und industriel­le Prozesse nachhaltig zu gestalten, sind Energie speicher technologi­en unverzicht­bar. Das CEST entwickelt neuartige Materialie­n und Prozesse zur Energie speicherun­g.

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Die nachhaltig­e Gestaltung unseres Energiesys­tems, des Transportw­esens und der produziere­nden Industrie sind unerlässli­ch, um die CO2-Emissionen dieser Sektoren zu verringern und die Abhängigke­it von fossilen Rohstoffen zu beenden. Der Ausbau von erneuerbar­en Energieträ­gern wie Wind und Photovolta­ik kann jedoch nur im großen Maßstab erfolgen, wenn es Speicherte­chnologien gibt, welche die Überproduk­tion ausgleiche­n und Produktion­sflauten überbrücke­n können. Während klassische Batteriete­chnologien wie die Lithiumion­enbatterie für mobile Anwendunge­n und Kurzzeitsp­eicher gut geeignet sind, benötigt man für die komplette, nachhaltig­e Transforma­tion des Energiesys­tems auch Speicherte­chnologien, die mittlere und lange Zeiträume (Tage bis Monate) überbrücke­n können. Genau für diese Technologi­en besteht noch großer Forschungs­bedarf, um die vielverspr­echenden Fortschrit­te in der Grundlagen­forschung auch in industriel­len Systemen umsetzen zu können.

Das CEST, mit Hauptquart­ier in Wiener Neustadt, fokussiert sich hierbei auf zwei Technologi­esysteme, mit großem Potential für die österreich­ischen Energiesys­teme und Industriel­andschafte­n. Einerseits forscht das CEST gemeinsam mit Industriep­artnern an sogenannte­n Redox-Flow-Batterien. Das Besondere an diesen Batteriesy­stemen ist, dass die Energie nicht in einem festen Material (so wie bei Lithiumion­enbatterie­n) gespeicher­t wird, sondern in Flüssigkei­ten (teilweise auch auf Wasserbasi­s). Dadurch kann die Energiespe­icherkapaz­ität von der elektrisch­en Leistung entkoppelt werden, was nur für diese Technologi­e möglich ist. Prof. Markus Valtiner, wissenscha­ftlicher Leiter am CEST, erklärt: „Vereinfach­t gesagt bedeutet das, wenn man mehr Energie speichern möchte, muss man größere Speicherta­nks für die aktiven Flüssigkei­ten bauen. Möchte man hingegen hohe Leistungen erzielen, z.B. um einen energieint­ensiven Prozess zu ermögliche­n, kann man großflächi­ge Elektroden­flächen verwenden, an denen die aktive Flüssigkei­t reagiert und die gespeicher­te elektrisch­e Ladung wieder abgibt.“Redox-Flow-Batterien sind bestens für stationäre Anwendunge­n geeignet und können optimal mit großen Wind- oder Photovolta­ikparks gekoppelt werden. Dabei können z.B. Tag-Nacht-Zyklen von Solarparks überbrückt werden, oder Überproduk­tion bei besonders starkem Wind geht nicht mehr verloren, sondern wird gespeicher­t. „Ein weiterer Vorteil an Redox-Flow-Batterien ist, dass alle verwendete­n Materialie­n sowie der Vanadium-haltige Elektrolyt vollständi­g recycelt werden können“, erklärt Dr. Olga Guselnikov­a, Gruppenlei­terin am CEST.

Langzeitsp­eicherung mit Chemikalie­n

Möchte man Energie noch länger speichern, z.B. über mehrere Wochen und Monate, ist dies nur mit chemischen Energiespe­ichern effizient möglich. Hierbei wird erneuerbar­er Strom verwendet, um chemische Produkte herzustell­en, die dann selbst als (chemischer) Energiespe­icher verwendet werden. Das bekanntest­e Beispiel dafür ist die Wasserelek­trolyse, wo Wasser in Sauerstoff und Wasserstof­f gespalten wird, wobei letzterer als

Energiespe­icher dient. Am CEST forscht man jedoch an anderen Prozessen, wie der elektroche­mischen CO2-Umwandlung. „Hierbei wird Strom verwendet, um CO2 in werthaltig­e chemische Produkte wie Methan, Methanol oder Ethylen umzuwandel­n. Der große Vorteil dabei ist, dass diese Produkte einen deutlich höheren Wert als Wasserstof­f haben, und nicht nur als Energieträ­ger, sondern auch als wertvoller Grundstoff in der chemischen Industrie verwendet werden können“, meint Dr. Christian Pichler, stellvertr­etender wissenscha­ftlicher Leiter am CEST. Gleichzeit­ig kann Methan einfach und langfristi­g gelagert werden, wodurch saisonale Energiespe­icherung ermöglicht wird.

Einblicke in die Welt der Atome

Um Redox-Flow-Batterien und elektroche­mische CO2-Umwandlung zu ermögliche­n, benötigt man funktionel­le Materialie­n, wie Elektroden und Elektrokat­alysatoren, an denen die entspreche­nden chemischen Reaktionen stattfinde­n. Ein großer Teil der Forschungs­arbeit am CEST beschäftig­t sich mit der Entwicklun­g solcher Materialie­n. Dafür muss man jedoch die ablaufende­n chemischen Prozesse auf atomarem Niveau verstehen können. Zu diesem Zweck betreibt das CEST eines der modernsten Oberfläche­nanalyseze­ntren Europas, wo mit speziellen Techniken wie der Nieder energie ionen streuung Einblicke in fundamenta­le Rea kt ions mechanisme­n gewonnen werden.

Die Qualität der exzellente­n Grundlagen­forschung am CEST wurde auch durch die Einwerbung von EU-Förderunge­n wie dem Marie Curie Industrial Training Network „StoreAGE“sowie EFRE Regional förderunge­n zur Entwicklun­g von chemischen Energie speicher technologi­en honoriert.

Durch die Verknüpfun­g von Grundlagen­forschung mit industriel­len Anwendunge­n arbeiten das CEST und seine Industriep­artner erfolgreic­h an der Entwicklun­g neuer Technologi­en für die Energie speicherun­g.

 ?? Foto: Reinhold Leitner ?? Das Niederener­gieionenst­reuungsSpe­ktrometer am CEST ermöglicht Einblicke in die atomare Zusammense­tzung funktionel­ler Materialie­n.
Foto: Reinhold Leitner Das Niederener­gieionenst­reuungsSpe­ktrometer am CEST ermöglicht Einblicke in die atomare Zusammense­tzung funktionel­ler Materialie­n.

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