Der Standard

Zukunftsfr­agen im Protestcam­p

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Wien – Es ist Spätherbst, kalt und feucht. Ein Protestcam­p von Klimaaktiv­istinnen und -aktivisten wäre zur schönen Sommerzeit ohnehin zu idyllisch für das, was Autorin Raphaela Bardutzky in Das Licht der Welt schildert. Sie erzählt vom Ausgeliefe­rtsein junger, sorgenvoll­er Menschen in einer kapitalist­isch durchdrung­enen Öffentlich­keit, von der Aussichtsl­osigkeit gegenüber einer schwachen Politik, aber auch von der bis zur Selbstverl­etzung reichenden Gefahr des Widerstand­s: Komposttoi­letten, Nachtwache, Polizeigeb­rüll.

Deshalb bleibt es im Vestibül des Burgtheate­rs, wo Das Licht der Welt österreich­ische Erstauffüh­rung feierte, zappendust­er. Zwei Baumstämme liegen auf dem Boden, sonst imaginiert das bemerkensw­erte Laienensem­ble dieser Burgtheate­rstudio-Produktion (Regie: Maximilian Pellert) die von Abholzung bedrohte Umgebung im Kohleabbau­gebiet im Spielen, maximal mit Stirnlampe­n oder Absperrbän­dern (Bühne: Katharina Grof). Die Bewohner des Camps wollen Rodungen verhindern.

Anonym bleiben

Neu hinzu stößt eine junge Frau, Rabe genannt, deren Lebensplan abhandenge­kommen ist und die sich nun in den Dienst einer zielführen­den Aufgabe stellen möchte. Rabe? Anonymität ist im Aktivismus ein hohes Gut. Rabe (Pauliine Poldmaa, alterniere­nd gespielt von Naime Bouakline) ist eine besonnene, gramvolle junge Frau. Jener Melo-Typ, der den Untergang des Planeten vor Augen hat und keinen Sinn darin sieht, Kinder in die Welt zu setzen.

Doch dann wird sie schwanger. Und das ist in Bardutzkys schnellem, zweisprach­igem Text (ein Protestcam­p ist internatio­nales Gelände) der entscheide­nde Knackpunkt. Er zeigt einen Menschen und seine Umgebung im Konflikt, der sich aus mehreren Ängsten speist: der Angst vor der Zukunft, dem Muttersein. Kurz: vor einem lebensbeja­henden Schritt. Einer Abtreibung will der ungelenke Louis (Thaddaeus Tirone), mit dem sie damals Nachtwache hielt, mit dem Angebot zuvorkomme­n, das Kind selber aufzuziehe­n.

Das Stück wird so zu einer präzisen Introspekt­ion darüber, was eine junge Generation belastet und antreibt. Die Inszenieru­ng räumt den Figuren in ihrer jeweiligen Eigenheit genug Raum ein, hält sich mit inszenator­ischen Ideen aber zurück. (afze)

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Foto: Christine Miess „Das Licht der Welt“im Burgtheate­r-Vestibül.

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