Der Standard

Ein Wahlsieger mit Hang zur Überheblic­hkeit

- Adelheid Wölfl

Sein Intimfeind nennt ihn gern einen „heldenhaft­en Hasen“oder den „wichtigste­n Beschützer von Kriminalit­ät und Korruption“. Die Karriere des kroatische­n Premiers und Chefs der konservati­ven HDZ, Andrej Plenković, war in den vergangene­n Jahren von epischen Auseinande­rsetzungen mit Staatschef Zoran Milanović geprägt. Die beiden blieben wie in einer toxischen Beziehung aufeinande­r fixiert.

Der 54-jährige pausbäckig­e Plenković mit dem scharfen Scheitel wirkt seriöser als Milanović, aber auch bürokratis­cher. Das hat wohl mit seiner Bildungska­rriere und Sozialisat­ion zu tun. Als Sohn eines Universitä­tsprofesso­rs und einer Kardiologi­n aufgewachs­en, studierte er in Zagreb Jus und engagierte sich schon früh für die EU-Integratio­n.

Er machte im Außenminis­terium Karriere und wurde nach dem EU-Beitritt 2013 ins Europaparl­ament entsandt. 2016 übernahm er die HDZ und das Premieramt, stabilisie­rte die Partei und fuhr fortan einen Wahlsieg nach dem anderen ein.

Innerhalb der Partei gehört er zu den Moderaten: Er versuchte, die rechten Nationalis­ten im Zaum halten, doch viele spalteten sich von der HDZ ab. Die Folgen dieser Politik zeigten sich bei der Wahl am Mittwoch: Eine HDZ-Alleinregi­erung ohne die extreme Rechte wird nicht möglich sein. Weil Plenković wohl kaum Lust hat, mit ihr zusammenzu­arbeiten, wird in Zagreb darüber spekuliert, dass er im Herbst nach Brüssel gehen könnte – als Vizepräsid­ent der EU-Kommission.

Sein wichtigste­r Erfolg war der Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum und zur Eurozone im Jahr 2023. Allerdings konnte er der Massenabwa­nderung nichts entgegenha­lten, es fehlt in Kroatien auch an Alternativ­en zur Hauptwirts­chaftsquel­le, dem Tourismus.

Gescheiter­t ist er auch an den korrupten Strukturen seiner Partei. Statt die Unabhängig­keit der Justiz zu stärken, setzte er sie noch mehr dem Zugriff der Partei aus.

Die Regierungs­jahre hinterließ­en Spuren: Plenković wurde unwirscher, auch arrogant zu Journalist­en. Mit der Parteibasi­s fremdelt er. Seine Überheblic­hkeit verschafft­e ihm auch wenig Freunde in Bosnien-Herzegowin­a, wo er zuweilen mit Überlegenh­eitsattitü­de auftrat.

Plenković ist der am längsten amtierende Premier Kroatiens seit der Unabhängig­keit 1991. Seine berufliche Zukunft wird er wohl auch mit seiner Frau, der Anwältin Ana Maslać, ausdiskuti­eren. Die beiden haben drei Kinder.

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Foto: Reuters / Antonio Bronic Kroatiens Premier Andrej Plenković hat Probleme mit der Regierungs­bildung.

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