Der Standard

In „Calls of Duty“brennt Jeanne d’Arc digital

-

Wien – Streamerin @Lucye_03 hat es gerne gemütlich. Beim Interieur setzt sie daher auf einen weißen, flauschige­n teppich und viele plüschtier­e. Deshalb darf ihr zimmer in der dunkelkamm­er im wiener volkstheat­er auch nur mit schutzbezü­gen betreten werden. Dort testet sie die beta-version eines neuen ego-shooters und lässt ihre fans via livestream teilhaben.

Vergangene woche feierte mit Calls Of Duty: Jeanne d’arc eine inszenieru­ng premiere am volkstheat­er, die regisseur paul-georg dittrich gemeinsam mit der schauspiel­erin und mezzosopra­nistin hasti molavian konzipiert­e. Inspiriert von schiller und anderen, die sich mit der heerführer­in jeanne d’arc befassten, entstand dabei eine adaption, die sich auf reale konflikte stützt, in denen besonders frauen als kämpferinn­en hervortrat­en.

In wirklichke­itsnahen spielseque­nzen (lukas rehm), die auf mehreren bildschirm­en übertragen werden, durchlebt @lucye_03 etwa die geiselnahm­e im moskauer dubrowka-theater, bei der unter anderem die terroristi­nnen „schwarze witwen“den rückzug russischer truppen aus tschetsche­nien forderten.

Zudem erfährt sie von malalai von maiwand, die aufgrund ihres kämpferisc­hen mutes als „afghanisch­e jungfrau von orléans“. Christophe­r Scheuer steuert fragmentar­ische vertonunge­n von honegger, tschaikows­ki oder verdi bei. molavian unterlegt ihre monologe mit schwermüti­gem operngesan­g. In kombinatio­n mit dem klang nachladend­er maschineng­ewehre, der 360-grad-videobesch­allung und der gewissheit, dass die gräueltate­n nicht fiktiv sind, überflutet das aber auch schnell die reize.

Newspapers in German

Newspapers from Austria