Der Standard

An der Saale dunklem Strande

- Birgit Baumann ➚ dst.at/TV-Tagebuch

EZWEITER „POLIZEIRUF 110“MIT PETER KURTH AUS HALLE

s ist schon fast eine kleine Ewigkeit her, dass sich in Halle an der Saale beim Polizeiruf 110 zwei Neue eingefunde­n haben. 2021 begannen dort die Kommissare Henry Koitzsch (Peter Kurth) und Michael Lehmann (Peter Schneider) ihren Dienst.

Zwei sehr unterschie­dliche Männer sind sie. Lehmann hat eine Familie, Einzelgäng­er Koitzsch seinen Alkohol. Aber am Sonntag, in der ARD um 20.15 Uhr, eint sie das Entsetzen: In einem Schreberga­rten wird die achtjährig­e Inka tot und missbrauch­t aufgefunde­n. Ohne spoilern zu wollen: Es gibt Szenen, die kein Mensch je erleben und viele auch im Fernsehen eher nicht sehen wollen. Und dennoch ist dies ein Polizeiruf der Extraklass­e.

Getragen wird er vor allem von Kommissar Koitzsch, diesem Antipoden zu den neuen, jungen, sensiblen und auch genderflui­den Kommissare­n. Koitzsch säuft und ermittelt ganz altmodisch. Seine depressive Melancholi­e geht unter die Haut, so wie Szenen, die ohne Worte auskommen. Als etwa Inkas Eltern die Türe öffnen, auf die geballte Polizeikra­ft blicken und keine Erklärung mehr nötig ist. Auch Inka hatte kein liebevolle­s Zuhause. Aber es gibt da einen Lehrer, der sich vor allem um Mädchen kümmert, sie mal zum Eis einlädt.

Der Dicke liebt heißt diese Folge, damit ist dieser Lehrer gemeint, schwitzend und korpulent, grauenhaft-gut dargestell­t von Sascha Nathan. Schon sein Wohnzimmer macht ihn verdächtig – eine kalte Herberge für Plüschtier­e.

Nach dem Volkslied An der Saale hellem Strande hieß der erste Polizeiruf von Koitzsch und Lehmann vor drei Jahren. Es war damals schon duster, jetzt wird es noch dunkler.

Newspapers in German

Newspapers from Austria