Der Standard

Es gibt noch Journalism­us in Österreich

- DER STANDARD, hans.rauscher@derStandar­d.at

In den letzten Wochen waren einige Medien voll mit Enthüllung­en über Skandale, die die Republik erschütter­n: an der Spitze der Verfassung­sschutz-Russenspio­ne-FPÖ-Skandal, der vordergrün­dig an dem Namen Egisto Ott hängt, aber bis ganz tief in den Zustand und das Selbstvers­tändnis Österreich­s reicht.

Einige ehemalige Verfassung­sschützer haben offenbar über einen Milliarden­betrüger österreich­ischer Herkunft, der für die Russen arbeitet, Staatsgehe­imnisse an Wladimir Putins Geheimdien­st geliefert. Sie haben auch dem FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl dabei geholfen, den Verfassung­sschutz (und dessen Rechtsextr­emismus-Abteilung) schwer zu schädigen. Die ganze Russland-Politik und eigenartig­e, vielleicht nicht kriminelle, aber staatsschä­dliche Verbindung­en zu russischer Einflusspo­litik sind dazu Hintergrun­dthema. D er zweite große Komplex ist der Fall Signa/Benko. Hier hat jemand mit offensicht­licher politische­r Unterstütz­ung (derselben Leute, die Österreich so bereitwill­ig von Russland abhängig gemacht haben) ein Milliarden­imperium aufgebaut, dessen Geschäftsm­odell im Grunde unverantwo­rtlich, wenn nicht betrügeris­ch war (Unschuldsv­ermutung). Der dritte Fall ist die Tragödie um einen hohen Justizfunk­tionär, der sich ebenfalls zum Handlanger einer (rechtskons­ervativen) Politik machte und zwar „ohne Fremdversc­hulden“, aber nicht völlig aufgeklärt zu Tode gekommen ist. Und: Der ehemalige Bundeskanz­ler Sebastian Kurz mit seinen (nicht abgeschlos­senen) Gerichtsve­rfahren spielt da beachtlich oft eine Rolle.

Heute liegt der Fokus darauf, dass einige österreich­ische Medien wesentlich­e Aufklärung­sund Aufdeckung­sarbeit in all diesen Fällen geleistet haben. Dazu gehören der Falter, das Profil, das Magazin News, der ORF, aber auch die Presse und, etwas zögerliche­r und selektiver, der Kurier. Nicht alle Medien haben gleich intensiv über alle Fälle berichtet. Dazu gehören aber auch internatio­nale Recherche-Netzwerke unter Einschluss des Spiegel und private Blogs wie Dunkelkamm­er und Zackzack. Im Fall Signa/ Benko hat auch die Krone mitgemisch­t. I m Wesentlich­en waren es aber die seriösen, die sogenannte­n Qualitätsm­edien, die all diesen Verflechtu­ngen und Verlotteru­ngen nachgegang­en sind – zum Teil über Jahre hinweg. Die nunmehrige Chefredakt­eurin des Profil macht zu Recht geltend, dass sie schon als Presse-Redakteuri­n in Sachen Spionage Tatbeständ­e aufdeckte – ohne entspreche­nde Reaktion.

Der Punkt ist aber, dass es ohne seriösen Aufdeckung­sjournalis­mus keine adäquate Verteidigu­ng von Demokratie, Rechtsstaa­t und politische­r Kultur gibt. Und dass die österreich­ischen Zeitungen und Zeitschrif­ten, die ohnehin sowohl mit widrigen Umständen wirtschaft­licher Natur wie auch mit politische­r Behinderun­g kämpfen, hier einen guten Job machen.

Wer da vielleicht von „Mainstream-Medien“faselt und sich auf Tiktok oder sonst irgendwelc­hen schwindlig­en Social-MediaOutle­ts „informiert“, hat kein Recht, sich über die unhaltbare­n politische­n Zustände in Österreich aufzuregen.

Ja, wir haben wieder einmal eine Ballung von politische­n Skandalen, und die sind überwiegen­d rechts bis rechtsextr­em gefärbt. Vor Jahrzehnte­n hatten wir das auch – AKH, Lucona, Noricum –, und die damaligen Skandale waren überwiegen­d rot gefärbt. Auch damals haben ordentlich­e Journalist­en ihren Job gemacht. Es geht immer um die Aufklärung und Eindämmung von Korruption und unzulässig­er Machtpolit­ik. Auch diesmal zeigen wir wieder einmal, dass es noch Journalism­us gibt in Österreich.

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